Keiner kann Anders Behring Breivik begreifen. Der Attentäter von Oslo hat am 22. Juli ein Blutbad angerichtet und damit dem kollektiven Urvertrauen der bürgerlich demokratischen Gesellschaft eine tiefe Wunde beigefügt. Es wird über Motive gerätselt. Die Diagnose auf dem ersten Blick lautet: krankhaft übersteigerter Fremdenhass – eine fatale Fehldiagnose. Denn Breiviks Fremdenhass ist nicht Ursache, sondern nur Symptom der ansonsten gesellschaftlich durchaus gewürdigten Lebenshaltung einer ausgeprägten – autistoiden – Ich-Bezogenheit.
Innenstadt von Oslo, kurz nach der Bombenexplosion.
Foto: Johannes Grødem from Oslo, Norway
Als erfolgreich gilt in unserer Gesellschaft, wer sein Ich besonders sichtbar darzustellen vermag. Autoindustrie, Modebranche und Kosmetikhersteller richten ihre Produktion, Werbung und den Verkauf wesentlich auf das Bedienen dieses allgemein anerkannten Strebens aus. Schon unseren Kindern impfen wir ein, sich stets und ständig selbstbewusst zu geben. Cool ist was öffentlich auffällt, und sei es durch dümmliche und erniedrigende Aktionen. Das öffentliche und private TV erzielt mit entsprechenden Sendungen seine höchsten Einschaltquoten.