Natürlich heißen die Drei Juwelen des Buddhismus korrekt BUDDHA, DHARMA, SANGHA. Die beiden ersten „Juwelen“ sind allgemeinverständlich. BUDDHA bezieht sich auf den großen Hindu-Reformator Siddhartha Gautama, DHARMA bezeichnet die von Buddha mündlich überlieferten Lehren – aufgeschrieben Jahrhunderte nach seinem physischen Weggang. Und SANGHA? Sangha bedeutet in buddhistischer Terminologie „Versammlung“, „Menge“ oder „Gemeinschaft“. In einem weiteren Sinne steht es für Familie, das eigene Volk, die ganze Menschheit, alle fühlenden Wesen. Buddhisten sind daher nativ Patrioten.
Karma legt dir Aufgaben vor die Haustür
Eine Kernkompetenz des Buddhismus ist Mitgefühl für alle fühlenden Wesen – und zwar durch rechtes Denken und rechtes Handeln. „Rechtes“ steht für „rechtschaffend“. Praktizierenden stellt sich dabei die Frage: Was KANN oder was MUSS ich tun, um dieser Kernkompetenz zu entsprechen. Vor allem in einem identitätsgestörten Umfeld sozialisierte westliche Anhänger des Buddhismus schlussfolgern daraus, sich für „die Armen der Welt“ einsetzen zu müssen. Je weiter weg, je exotischer und ärmer die Gegend, desto besser oder „desto mehr gut“. Ein Irrtum!
In einem berühmten chinesischen Text heißt es dazu: „Karma legt dir deine Aufgaben vor deine Haustür. Öffne die Tür, schaue genau hin und du weißt was deine Pflicht ist1.“ Sollte es Karma vorsehen, irgendwo tausende Kilometer entfernt eine – seine – Pflicht zu erfüllen, so werden sich VOR DER EIGENEN HAUSTÜR entsprechende Impulse finden. „Eigene Haustür“ bezieht sich auf das alltägliche persönliche, berufliche und gesellschaftliche Umfeld des Praktizierenden.
„Vor der Haustür“ bedeutet vor allem – meine Familie und mein Land. Menschen mit einem gestörten Verhältnis zu ihrer Familie oder ihrem Land hätten also als oberste buddhistische Pflicht, ihre Identitätsstörung in Ordnung zu bringen. Doch stattdessen schwelgen viele Betroffene lieber pathetisch in einer Form von Xenophilie. Das Hassen von Familie und Volk ist genau so schwere Anhaftung, wie das pathetische Verehren von fremden Kulturen oder exotischen Kulten. Das hat nichts mit „selbstlosem Dienst an der Menschheit“ zu tun, wie es von Buddhisten erwartet wird. Es ist schlicht und einfach ein Egotrip, der Fremdes, Exotisches selbstverliebt zur Egopflege benutzt.
Nichts ist „heißer“ als Ablehnung
Viele schauen vor der Haustür und meinen da läge nichts oder sie stellen enttäuscht fest, dass nicht das dort zu liegen scheint, was sie sich erhoffen. Dann konstruiert man eben trotzig-eigensinnig selbst ein „gutes Werk“. Solche Leute sammeln dann Altkleider für Afrika oder bringen selbstgebackene Plätzchen in Migrantenunterkünfte, werden aber niemals an der örtlichen Tafel für Obdachlose sein oder für Kinder von Hartz-4-Opfern einen Kuchen backen. Letzteres läge zwar deutlich erkennbar vor der Haustür, doch es gibt dem Ego kein pathetisches Glücksgefühl, Gutes für die Welt getan zu haben.
Praktizierende Buddhisten kennen und respektieren das Naturgesetz-Doppel Karma und Reinkarnation. Sie wissen, dass Anhaftungen an sein Volk, seine Familie und das vergängliche Ego den Seelenfunken fest an das Rad der Wiedergeburt kettet. Die Praxis des Buddhisten besteht darin, einen goldenen Mittelweg zwischen heißer Anhaftung und kalter Indifferenz zu finden. Übrigens – nichts ist „heißer“ als Ablehnung. Wer Familie und Volk geringschätzt oder sogar dagegen agiert, bindet sich auf lange Zeit an genau diese Familie und genau dieses Land. Buddhisten sind pflichtgemäß Patrioten, aber eher weniger Nationalisten. Jede Form von „Glühen“ ist Anhaftung, löst Leid aus und bindet an Samsara2.
Buddhisten lehnen grundsätzlich Gewalt ab, sind aber keine feigen Hasenfüße, wenn sie selbst oder Menschen oder Tiere auf ihrem Weg (vor der Haustür!) bedroht oder angegriffen werden. Buddhisten durchschauen – oder sollten durchschauen – das demagogische Spiel der „politischen Korrektheit“ mit orwellschen Falschwörtern und täuschenden Narrativen. Buddhisten wissen, dass Karma sich unvermeidlich auswirken wird, man einst gesetzte Ursachen nicht mit Gebeten, Ablasszahlungen oder hektischer Umkehr neutralisieren kann.
Ursachen des Nahenden wenigstens erahnen
Man MUSS ernten was man gesät hat, wenn die Saat aufgegangen und die Frucht reif ist. Doch wenn wir nicht im Hier und Jetzt begreifen, was wir einst fehlerhaft oder leichtfertig in Gang gesetzt haben, wenn wir nicht wenigstens Ursachen des Nahenden erahnen, wenn wir nicht beherzt aufstehen und handeln, dann sind wir kaum mehr als passive Lämmer auf dem Weg zum Schlachthof. Wir fallen in ängstliche Benommenheit. Und alles kann irgendwann wieder von vorn beginnen. KÔ-SEN
Zuletzt aktualisiert: 24.07.2024 von Heinz Knotek