Zur esoterischen Deutung der APOKALYPSE nach James Morgan Pryse (1859-1942)
Vor dem Hintergrund einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise mit ungewissem Ausgang haben Verweise auf die Apokalypse Hochkonjunktur. Doch möglicherweise ist die kanonische Deutung des auch als OFFENBARUNG DES JOHANNES bekannten Textes als Untergangsszenario für die Welt ein gigantischer Irrtum. Oder auch Betrug – wenn die wirkliche (Be)Deutung von den Gelehrten und Funktionären des Kirchenchristentums bewusst unterschlagen wurde.
Das Jüngste Gericht von Mânâstirea Voroneţ, România (1488)
Foto: Public Domain
In der offiziellen Version ist die Offenbarung eine einzige dunkle Drohung gegen die Menschheit, ausgesprochen von einem Gott, der sich durch Sprache und Diktion als cholerisch, rachsüchtig und gefühllos „offenbart.“ Kann SO Gott sein, der doch universelle und grenzenlose Liebe repräsentiert? Stammt der Text vielleicht gar nicht „von Gott?“ Ist der Wortlaut womöglich eine Art Geheimcode, überliefert aus den griechischen Mysterien, ein Schlüssel zur Gnôsis1, der dadurch vor dem Vandalismus christlicher Fundamantalisten geschützt wurde?
Offenbarung – Einweihungsgeschichte
aus den großen griechischen Mysterien
James Morgan Pryse
Der Mystiker und Theosoph James Morgan Pryse hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts das vermeintlich urgriechische Original der Offenbarung einer detaillierten Textanalyse unterzogen. Er fand heraus, dass der auf den ersten Blick eher krude Ton der Apokalypse eine Art Geheimcode ist, hinter dem sich eine Einweihungsgeschichte im Stile der universellen Weisheitslehren verbirgt. Wenn dem so wäre, ist die Offenbarung der einzige jemals überlieferte Text aus den großen griechischen Mysterien. Denn aus diesen muss er stammen, angesichts seiner tiefgründigen esoterischen Bedeutung.
Durch den Trick, die Schrift in eine christlich gefärbte Terminologie „einzuweben,“ konnte sie dem Zerstörungswahn christlicher Fundamentalisten jener Zeit entgehen und bis heute überleben. Nicht Gott ist es demnach, der einem Johannes seine Drohung zwecks Weitergabe an die Menschheit diktiert. Vielmehr ist es ein Îonnês selbst, der den Text codiert und niedergeschrieben hat, darin seine EIGENE Einweihung in die großen Mysterien beschreibt, die – wie sich herausstellt – identisch ist mit den Einweihungswegen der alten Ägypten oder der Hindus.
Pryse hat The Apocalypse Unsealed, BEING AN ESOTERIC INTERPRETATION OF THE INITIATION OF ÎONNÊS COMMONLY CALLED THE REVELATION OF ST. JOHN 1910 veröffentlicht. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges lag der Schwerpunkt des öffentlichen Interesses jedoch zu sehr im Materiellen. Hinzu kam, dass der Begriff „Esoterik“ schwer in Misskredit geraten war, durch die dubiosen Aktivitäten rund um den Messiasrummel so genannter Theosophen. Die esoterische Deutung der Apokalypse nach Pryse blieb seinerzeit daher fast unbemerkt.
Wer die OFFENBARUNG esoterisch zu lesen vermag, bekommt einen Schlüssel zur Gnôsis und damit zur EIGENEN spirituellen Erlösung in die Hand – oder besser: den Schlüssel zum WEG der zur spirituellen Befreiung führt. Nicht als angsteinflößende Drohung, sehr wohl aber als Hoffnung machender WEGWEISER, ist die OFFENBARUNG aktueller denn je. (wird fortgesetzt)
- 1925 gründete Pryse mit sechs Gleichgessinnten die GNOSTIC SOCIETY. Die Gruppe löste sich nach dessen Tod auf. Sie ist die erste zeitgenössische Gruppierung, die sich auf die Tradition der Gnostiker bezieht. ↩
Zuletzt aktualisiert: 05.10.2013 von Heinz Knotek