Geistheilen erwartet man eher nicht als ernst gemeintes Thema im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, bestenfalls als kritischen Bericht in einer Magazinsendung.
Halfried fängt wieder an – mit Heilen. Foto © BR/ORF
Dem zweiteiligen Drama DIE HEILERIN1 zur fast besten Sendezeit ist daher die Neugier all derjenigen gewiss, die sich für alternative Heilweisen interessieren.
Man muss sich nicht bekennen,
man wird nicht missioniert
Von Anfang an prägen ausdrucksstarke Porträts den Film bis in Nebenrollen hinein. Die Figuren – vom dekadenten Schönheitschirurgen bis zum einfachen Bergbauern – wirken dadurch so echt, nah und vertraut, dass es den Eindruck hat, man verfolge eine Dokumentation, nicht einen Spielfilm. Diese Nähe und merkwürdige Vertrautheit zu den handelnden Personen ermöglicht JEDEM einen sicheren Zugang zu dem umstrittenen Gegenstand des Films – dem geistigen Heilen. Ob man nun alles für Hokuspokus oder das Wirken übernatürlicher Kräfte hält, für jede Sichtweise steht ein Zugang bereit. Man muss sich nicht bekennen, man wird nicht missioniert. Bis auf wenige Ausnahmen wirkt der Faden der Handlung plausibel, das Unerklärliche bleibt wie es ist. Aber auch das Phänomen; die „Wunderheilungen,“ allein durch das Handauflegen der einfachen alten Frau, Halfried Seelig (Ruth Drexel), in einem abgelegenen Tal in Österreich; wird nicht zerpflückt und analysiert. Es ist eben so. WARUM – das weiß auch Halfried nicht.
Programminformation DIE HEILERIN
Lange Zeit zwang sich Halfried Seelig dazu, nicht von ihrer besonderen Heilbegabung Gebrauch zu machen. Als sie eines Tages doch einem kranken Mann hilft, verbreitet sich rasch die neue Nachricht. Währenddessen kriselt es in der Ehe von Halfrieds Tochter Marion. An ihrem Hochzeitstag verlässt Marion ihren Mann, holt ihre Tochter Laura aus dem Internat und zieht mit ihr nach Tirol zu ihren Eltern. Dort will sie, nach dessen Pensionierung, die Ordination ihres Vaters übernehmen und endlich wieder als Ärztin arbeiten. Sie wird zunächst von der Bevölkerung nicht akzeptiert, Laura findet sich in der neuen Umgebung ebenfalls nicht zurecht, Marion wiederum lehnt die Methoden ihrer Mutter entschieden ab. Außerdem bereitet es Marion große Sorge, dass ihre Tochter allem Anschein nach die Fähigkeiten Halfrieds geerbt hat (Quelle: tvtv deutschland).
Tote Geister – wenig plausibler Effekt
Bei aller berührender Dramaturgie des Films zieht dieser einen wenig plausiblen Effekt stets hinter sich her: Halfried wird immer wieder von einer Gruppe schweigender entkörperter Wesenheiten heimgesucht, die – als sie noch am Leben waren – mit ihr in emotionaler Verbindung standen. Die wiederholte szenische Umsetzung des Phänomens, unter dem zu aller Not auch die Enkelin Laura (Lea Kurka) leidet, suggeriert einen Kontext zum Heilen durch Handauflegen, den es aber so nicht gibt.
Aus esoterischer Sicht könnten die Erscheinungen zurückkehrende Kräfte sein, die Halfried einst durch Ihr Handauflegen an die Kranken abgegeben hat. Nach dem Tod der Personen kehren diese Kräfte zu ihrem Ursprung zurück, versehen mit der ehemaligen äußeren Form des Empfängers. Das würde den Warnungen in den Weisheitslehren entgegen kommen, demnach es bei solchen Praktiken zu einer Verknüpfung der Astralkörper von Heiler und Patient kommt. Diese Verknüpfungen überleben den körperlichen Tod der Beteiligten und können unberechenbare karmische Bindungen verursachen. Wäre DAS die Botschaft der Filmemacher, dürfte aber die Enkelin damit nichts zu tun haben, die ebenfalls die toten Geister ihrer Oma sehen kann.
Eine andere Erklärung läge in einem psychischen Defekt von Oma und Enkelin, der die astralen Schemen produziert. Offenbar hat die Enkelin die Heilfähigkeiten ihrer Oma geerbt. Menschen mit angeborenen heilerischen Qualitäten sind tatsächlich oft durch eine unbalancierte Psyche gekennzeichnet. Doch zumindest im ersten Teil der HEILERIN hat es nicht den Eindruck, dass Oma und Enkelin als „psychisch gestört“ vorgeführt werden sollen. Vielmehr erscheinen sie als feinfühlige, dünnhäutige und warmherzige Menschen. Wie immer man es betrachten mag – die toten Geister passen nicht recht ins Bild.
Man mag gespannt sein, wie Teil 2 des Films2 das Rätsel um die Geister und die sich entwickelnden Heilerqualitäten des Kindes auflöst3. Der Film ist als DVD ein sicherer Geschenktipp zu Weihnachten.
- Regie Holger Barthel, Österreich 2004 ↩
- In Deutschland: Mittwoch, 17. Dezember 2008, 20.15 Uhr, ARD ↩
- Teil II versinkt nach einem überzeugenden Start leider ab der zweiten Hälfte im klebrigen Zuckerguss eines fetten Happy End; erst bekommt Lauras Mutter einen so aggressiven Brustkrebs, dass gleich zwei OPs notwendig werden; dann legen Oma und Tochter Hände auf – und alle Krebszellen sind weg; Der Vater kehrt zur Mutter zurück, nimmt zugleich das Angebot für die Leitung einer Unfall-Klinik an; was wiederum für alle ein Leben ohne alle finanziellen Nöte sicherstellt. Im Sinne des Wortes UNGLAUBLICH. ↩
Zuletzt aktualisiert: 18.12.2008 von Heinz Knotek