Universalität ist prägendes Merkmal von Naturgesetzen. Eine reife Frucht fällt vom Baum nach unten. Egal wo der Baum wurzelt, wer ihn einst gepflanzt hat oder wer die Früchte einsammelt. Das am Baum Bleiben oder Herabfallen bestimmen in einem geheimnisvoll universellen Zusammenspiel der Reifegrad einer Frucht und die Gesetze der Schwerkraft.
Wäre die Frucht ein die Dinge hinterfragender Mensch, würde sie den Lauf der Dinge – das Reifen, die Ahnung vom baldigen Fall, das unvermeidliche und doch nicht exakt vorhersehbare Lösen vom Ast, die Ungewissheit, wie es danach weitergeht – versuchen zu ergründen und zu verstehen. Reife und Fall unterliegen dem universellen Naturgesetz von Ursache und Wirkung – also KARMA. Der Menschen hat aber, anders als etwa der Apfel, einen freien Wille. Sollte er daher sein Gehen und Bleiben nicht selbst bestimmen (können) und sich von den Zwängen des Universellen entledigen?
Lieber nicht daran denken…
Und umgekehrt? Wenn der Mensch sich plötzlich als Apfel am Baum wiederfinden würde? Sofort wäre ihm klar, was in Kürze auf ihn zukommt. Vielleicht fühlt sich der Stil ja schon ganz locker an. Alles nur ein Frage der Zeit, dann kommt es unausweichlich zum freien Fall, zum harten schmerzhaften Aufprall. Es sei denn, man wächst an einem Apfelbaum einer Plantage, dann erwartet einen ein sanftes, hautschonendes Pflücken, vorsichtiges Verpacken, angenehm temperiertes Lagern. Gut, dann wird es auch hier grässlich. Lieber nicht daran denken…
Oder ist es so: Wenige Augenblicke, bevor wir vom Ast fallen, entsteht in uns der Gedanke, dass es jetzt reichen würde, man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse, man jetzt bereit zum Fallen ist – und denkt anschließend, man habe sich SELBST fallen lassen. Oder man denkt, man wird jetzt fallen wollen, obwohl die Zeit noch lange nicht reif ist (was wir aber nicht wissen). Und sagt sich dann: Ich habe mich entschieden noch zu bleiben.
Als Mensch der kein Apfel am Baum ist kann man über solche Betrachtungen leicht zum Fatalisten werden. Ist eh alles egal. Es kommt wie es kommen muss. Andererseits – wenn man etwa im Beruf oder einer Beziehung an einem Punkt landet, wo man dankbar die Gelegenheit zum Fall ergreifen würde, wenn sie sich denn böte – gäbe es kein Zögern. Doch ausgerechnet dann passiert scheinbar nichts. Soll man dann nachhelfen. Wozu hat man seinen freien Willen. Gut, es kann im neuen Job oder einer nächsten Beziehung alles noch schlimmer kommen. Dann ärgert man sich, den zwar oft unerfreulichen aber eben doch nicht SO unerfreulichen Ast eigenmächtig verlassen zu haben. Also doch nichts tun. Abwarten. Fatalismus?
Der Mensch von der Welt sieht geradezu den Sinn seiner Existenz darin, den Unbilden materiellen Seins stets seinen Willen aufzuzwingen, dass die Dinge sich für ihn behaglich gestalten. Also Jobwechsel, wenn man mehr Geld will, Trennung, wenn sich Probleme in der Beziehung häufen. Oder jeweils das Gegenteil, wenn einem das sichere Verbleiben bequemer ist als die vage Aussicht auf Verbesserung.
The Clash – Should I Stay or Should I Go from Marco Alvarado on Vimeo.
Was also ist nun richtig? Die Weisheitslehren helfen auch hier – und das ganz pragmatisch: Als menschliche Wesen können wir jeweils nur an einem bestimmten Ort sein. Der jeweilige Platz an dem wir uns aus karmischen Gründen wiederfinden ist auch der Platz an dem wir unseren Dienst zu verrichten haben – den Dienst an unserer Seele und den Dienst an allen fühlenden Wesen. Wenn wir unsere Arbeit ordentlich erledigt haben, wird uns Karma ohne jeden Zweifel in ein Umfeld mit erweiterten Aufgaben lotsen. Das aber ist Sache von Karma und muss uns nicht weiter beschäftigen.
Wenn wir also weg wollen, müssen wir zuerst unsere Arbeit gut zu Ende bringen – konzentriert, selbstlos, klaglos und ohne dass wir an den Früchten des Tuns haften. Die Erfahrung zeigt: Je weniger dabei das WOLLEN des Egos dabei ist, um so besser verrichtet man den Job – und kommt vermutlich früher „eine Runde weiter“. Überlegungen, sich scheiden zu lassen oder um einen neuen Job zu bewerben, weil die Partnerschaft einen irgendwie nicht mehr reizt oder der Job immer unerfreulicher wird, erscheinen damit in einem anderen Licht. Es geht nicht um die Beziehung oder den Job. Es geht darum zu erkennen, was eigentlich genau unser Job HIER und JETZT ist. Und dann, diesen Job einfach gut zu erledigen. Aller Mühsal zum Trotz. Wer so BLEIBT kann GEHEN, weitergehen, wenn die Zeit dafür reif ist. HEINZ KNOTEK
Zuletzt aktualisiert: 26.10.2013 von Heinz Knotek