Alltag ist eher anstrengend. Es ist auch nur ein geringer Trost, dass die Anstrengung eigentlich ganz bequem ist – kein Krieg, kein Frieren, kein Hunger, keine Verfolgung… In den klassischen Einweihungsromanen findet EINWEIHUNG meist inmitten dramatischer äußerer Umstände statt. Bei Elisabeth Haich („Einweihung: Mystisch-biographischer Roman“) etwa quält sich die Protagonistin vom prähistorischen Ägypten bis hin zum Zweiten Weltkrieg durch eine endlose Abfolge kriegerischer Verhältnisse.
La Très Sainte Trinosophie: Die Seele ringt mit bindenden Ketten. Grafik: Médiathèques du Grand Troyes
Auch bei Maria Szepes („Berg der Adepten“ und „Der Rote Löwe“) ist Einweihung vor allem ein endloses Ertragen von Leid. Die Magie der Transformation braucht aber nicht unbedingt Krieg und Elend als notwendige Requisite. Im Gegenteil, erst wenn „draußen“ im Alltag Ruhe herrscht, kann der Sucher INNEN für Frieden sorgen und das Elend dort bekämpfen. Schriften wie das Avatamsaka-Sutra geben zahllose Impulse, wie sich das Elend des Alltags meistern ließe. Etwa durch das beiseite Räumen der „zehn Hindernisse.“
Entry into the Realm of Reality
(Eintritt in das Reich der Wirklichkeit)
Just as a magical produced man has all his limbs and Body parts but lacks ten physical elements – inhalation and exhalation, coolness and warmth. Hunger and thirst, joy and sorrow, the pain of birth, old age, sickness, and death – in the same way in the enlightening being whose form is born of the magic knowledge, whose body is one with the cosmos, who appear in all states of existence to perfect sentient beings, who lives through all ages, ten things are not to be found:
- desire for the mundane world,
- rejection of life in the mundane,
- currying of enjoyment of objects,
- malevolence,
- desire for enjoyment,
- the burning of afflictions,
- experiences of painful feelings,
- fear of difficult situations,
- desire of existence, and
- attachment.
Quelle: The Flower Ornament Scripture ; A Translation of the The Avatamsaka Sutra; by Thomas Cleary, Boston, 1993
Irdisches Leben IST Transformation
Jeder der zehn Hindernisse birgt ein unerschöpfliches Potenzial leidvoller vornehmlich innerer Erfahrungen, wenn man sich zu ihrer Überwindung aufrafft. Man kann seinen Alltag spaßeshalber einmal auf die zehn Hindernisse hin überprüfen. Vermutlich wird sich zeigen, dass die meisten im eigenen Leben fest verankert und wesentliche Triebkraft des Fühlens, Denkens und Handelns sind. Irdisches Leben IST Transformation. Auch die zehrende Routine eines grauen Alltags. Vorausgesetzt, man nutzt die Chance. HEINZ KNOTEK
Zuletzt aktualisiert: 06.12.2010 von Heinz Knotek