Über The Yoga Aphorisms of Patanjali – Sure I.14
Jede Turnübung beginnt mit der Einnahme einer Grundhaltung. Bei genauer Betrachtung – ein allgemeines Prinzip. Denn was immer man im Alltag „beginnt“ beginnt mit einer kurzen oft kaum wahrnehmbaren Ausrichtung seiner selbst und der Dinge die dabei benötigt werden.
Programm „Möhren putzen“. (*)
Das ist wie, als ob man sich „programmieren“ würde. Lautet das Programm etwa „Möhren putzen“, werden erst Möhren, Brett und Messer bereitgelegt. Danach geht alles scheinbar wie von selbst vonstatten, vorausgesetzt, man hält sein Denken auf Abstand. Wer ohne „Programmierung“ Möhren schneidet oder zwischendurch an anderes denkt – riskiert eine Schnittwunde. Sure I.14 der Yoga Aphorismen des Patanjali widmet sich diesem Aspekt der Praxis.
Yoga Aphorisms of Patanjali – Sure I.14
The exercise is a firm position observed out of regard for the end in view, and perseveringly adhered to for a long time without intermission1.
Das Üben besteht in der zielgerichteten Einnahme einer stabilen inneren Grundhaltung, und das ununterbrochen für einen langen Zeitraum. (*)
Das „ununterbrochen“ mag suggerieren, man müsse auf DEM PFAD irgendwann an den Punkt gelangen, wo man völlig zurückgezogen ununterbrochen meditiert, meditieren muss. Das ist damit ausdrücklich NICHT gemeint. Zunächst ist damit ganz pragmatisch gemeint, sich voll und ganz auf das zu konzentrieren, was man im Alltag gerade tut, etwa Möhren putzen, WC reinigen, Auto fahren oder (ja auch das gehört dazu) Einkaufen und mit Freunden ausgehen. Der Alltagsmensch tut genau das eher nicht. Das Denkprinzip ist beständig am DENKEN – die Gedanken schweifen ab. Deswegen schneidet man sich gelegentlich beim Möhrenputzen in den Finger. Man ärgert sich über die Mühe der WC-Reinigung oder die mutmaßliche Fahruntüchtigkeit des vorausfahrenden Autofahrers. Letzteres mag zum zornigen Überholen verleiten – und in der Katastrophe eines Unfalls münden.
Dieses unkontrollierte Denken ist das Hauptübel das es in den Griff zu bekommen gilt. Und der erste Schritt dahin ist das ERKENNEN dieser Tatsache. Doch Sure I.14 weist noch auf einen zweiten, mehr globalen, Aspekt hin. Das GANZE LEBEN ist mit einer unterschwellig meditativen Grundhaltung zu absolvieren. Das mutet zunächst als illusorisches Ziel an. Doch auch wenn es uns weder auf Anhieb noch ausdauernd gelingen mag, mit meditativer Grundhaltung durch den Alltag zu gehen, so kann man doch über den Tag verteilt immer wieder zu DIESEM GEDANKEN zurückkehren. Zunächst vielleicht nur zwei oder drei Mal. Im Vergleich zum Leben „davor“ immerhin eine Steigerung um 200 oder 300 Prozent! Aus zwei und drei kann dann zahllos werden, reale Grundlage für ein „ununterbrochen“.
(*) Text/Bild/Übertragung aus dem Englischen: Heinz Knotek
- Quelle: The Yoga Aphorisms of Patanjali, an interpretation by William Q. Judge, Los Angeles, 1987 ↩
Zuletzt aktualisiert: 17.04.2014 von Heinz Knotek