Die selbstgerechten, arroganten Verlautbarungen ehemals „Mächtiger“, wie dem Ex-Vizepräsidenten des Bundesnachrichtendienstes (2001-2004), Rudolf Adam, und Ex-Innenminister Otto Schilly (1998-2005), zum Spähskandal bestätigen die Notwendigkeit zum Zweifel an Demokratieverständnis und Glaubwürdigkeit der sicherheitspolitisch Verantwortlichen.
Zumindest so lange diese die Rolle des willig-folgsamen kleinen Bruder einer sich ungeschminkt hegemonial gerierenden Weltmacht spielen und „befreundeten“ Diensten beim verfassungswidrigen Ausspähen deutscher Bürger tatenlos zusehen, im harmlosen Fall.
Ex-Geheimdienstler gibt den herablassend-spöttischen Oberlehrer
Adam staunt in einer „privaten Meinungsäußerung“ in der Süddeutschen Zeitung herablassend über „so viel Naivität und unreflektierte Empörung in der Debatte um die Spähprogramme PRISM und TEMPORA1.“ Schilly macht aus seiner Verachtung über die Menschen, die über die Spähprogramme von USA und Britten debattieren, keinen Hehl, indem er die Debatte „Getöse“ nennt und den besorgten Menschen zynisch „teilweise wahnhafte Züge“ unterstellt2. Wow. Und solche Leute hatten einmal die sicherheitspolitische Verantwortung Deutschlands in ihren Händen…
Sollte man nicht annehmen, dass Leute wie Adam und Schilly voller Hochachtung und Respekt vor den Sorgen weiter Teile der Bevölkerung über mögliche gesetzeswidrige Ausspähaktionen fremder (und eigener) Geheimdienste sind und die entsprechenden Veröffentlichungen ernsthaft und besorgt zur Kenntnis nehmen. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass gerade in aktiven Zeiten von Adam und Schilly im „Getöse“ irreführender Terrorwarnungen und in der „teilweise von wahnhaften Zügen“ geprägten militärischen Intervention im arabischen Raum, eben solche Spähprogramme initiiert wurden.
Doch tatsächlich gibt der Ex-Geheimdienstler den herablassend-spöttischen Oberlehrer angesichts naiver Vorstellungen dummer Kinder. Und Schilly gefällt sich in einer Inszenierung kalter Abneigung gegen – ja gegen das fragende Volk. Hingebungsvolle Vertreter und Verfechter einer DEMOKRATIE dürften dann doch anders reagieren.
Die Vermutung liegt nahe, das die Nachfolger von Adam und Schilly – sonst wären sie wohl kaum für die Ämter vorgeschlagen worden – im Geiste deren Brüder sind. Der gegenwärtige Finanzminister der Merkel-Administration, Wolfang Schäuble3, meinte in einem Gespräch mit dem Spiegel dazu: „Meine europäischen Kollegen regen sich jedenfalls nicht darüber auf4“. Ach so. Der amtierende Innenminister, Hans-Peter Friedrich, CSU, hingegen…
…tut so, als als gelte es lediglich den Amerikanern gesprächsweise beizubringen, dass die Deutschen halt so sensibel seien, wenn es um ihre Grundrechte geht. (Quelle: Heribert Prantl; UNTERIRDISCH, Die US-Spionage in Deutschland untergräbt das Fundament auf dem die Bundesrepublik steht; Süddeutsche Zeitung, 20. Juni 2013)
„Die Zahl der verhinderten Anschläge ist in jedem Fall größer null“, doziert „Oberlehrer“ Adam in der Zeitung und findet es offenbar überhaupt nicht peinlich für ein mutmaßlich massenhaftes, langandauerndes und tiefgreifendes Ausspionieren der Menschen eine derartig lapidare Rechtfertigung zu geben.
Sicherheitspolitiker, die ihre Geheimpolitik als Primat und das sie wählende Volk als etwas, das dem Primat anzupassen ist betrachten, gefährden Gemeinwohl und Demokratie. Wer im Namen der Demokratie die Demokratie zu deren vermeintlichem Schutz untergräbt gleicht einem Chirurgen, der ein verletztes Körperteil zu therapieren vorgibt, indem er es amputiert. HEINZ KNOTEK
Linksunten:
Überwachung im Alltag: In der falschen Funkzelle
- Süddeutsche Zeitung, 26. Juli 2013, AUSSENANSICHT ↩
- Süddeutsche Zeitung: Ex-Innenminister zu Spähskandal ↩
- im ersten Merkel-Kabinet Bundesminister des Innern ↩
- Spiegel-Online: Schäuble und die NSA-Spähaffäre ↩
Zuletzt aktualisiert: 30.07.2013 von Heinz Knotek