Karma-Betrachtungen zum Terroranschlag von Mumbai. Das Nachfolgende ist kein weiterer Augenzeugenbericht vom Terror-Irrsinn aus Mumbai. Es ist ein Zitat aus MÄRCHENLAND GONDWANA von Maria Szepes1, Anfang der 1990er Jahre veröffentlicht.
Gewalt von Kataklysmen begleitet
Sie sind bis an die Zähne bewaffnet und von tobendem Hass gegen die Privilegierten erfüllt. Diese elementare und menschliche Tobsucht, die jede Sperre niedertrampelt, tritt parallel in mehreren Siedlungen auf. Auch auf den schwimmenden Inseln haben die Infizierten revoltiert...
Der kleine SiFi-Roman erzählt von einer vermeintlich fernen Zukunft, in der sich die Gemeinschaft zivilisierter Menschen zunehmend bedroht sieht. Gefahr kommt von rohen, ungebildeten Massen, die täglich um das nackte Überleben kämpfen, sich dem Drogenrausch hingeben und anfällig sind für die Manipulationen fundamentalistischer religiöser Anführer. Erlöserreligionen haben Hochkonjunktur. Der Mob lässt sich im Namen Gottes zu Bombenanschlägen, Attentaten und Entführungen verleiten. Da sie nichts zu verlieren und keine Verfolgung zu befürchten haben, sind die Attacken von besonderer Grausamkeit. Die Zivilisation hat sich vor dem Druck der Gewalt in streng gesicherte und abgeschirmte Areale in die Höhen des Himalaya zurückgezogen. Am Ende helfen weder Mauern noch bewaffnete Schutztruppen. Die Gewalt der Massen wird von Kataklysmen begleitet: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen. Scheinbar gibt es keine Rettung für die ums Überleben kämpfende Zivilisation…
Maria Szepes äußerte in ihren letzten Lebensjahren († 3. September 2007) dem Verfasser gegenüber ihre Erschütterung darüber, dass sich der vermeintliche Zukunftsroman zunehmend als Reflexion aktueller gesellschaftlicher Tendenzen entpuppte. Bei aller erschreckenden Koinzidenz zwischen Roman und Wirklichkeit wird darin aber auch der Weg zur Erlösung aufgezeigt. Den lichten Gegenpol zum düsteren Untergangsszenario bildet im Roman ein sensitives junges Mädchen, das in Chaos, Zerstörung und Untergang einen notwendigen Reinigungsprozess sieht – und dahinter den Beginn einer neuen Ära. Der unvermeidliche Tod am Ende wird zum Übergang in eine neue Zeit – nach der Reinigung. Aber nur für diejenigen die in der Lage sind, den Übergang BEWUSST zu vollziehen.
Terrorismus – eine Autoimmunerkrankung
Die Terroristen von Mumbai als Infizierte zu bezeichnen, scheint ihren Zustand treffend zu beschreiben. Wer Buddha-Figuren sprengt (Afghanistan), Yoga als Ketzerei verbietet (Malaysia), Andersgläubige für nicht lebenswert hält und sich anmaßt über deren Leben und Tod zu befinden (Mumbai), IST Opfer einer Infektion. Wer Vorurteile und Aggression als Tugenden predigt, wer bei Zerstörung und Tod nicht hilft und rettet sondern Freudentänze aufführt und die Opfer verspottet, benimmt sich wie jemand im Fieberwahn. Ist nicht bei Sinnen. Pure Barbarei. Im Roman von Maria Szepes findet sich der warnende Hinweis, die Anzeichen der Barbarei nicht falsch zu deuten. Denn der eigentliche Entzündungsherd, die Ursachen des Fieberwahns liegen bei uns, unserer Lebensführung, der ich-zentrierten Art mit Ressourcen, Geld und Freiheit umzugehen. Die Erde befindet sich demnach in einer Art Fieberzustand. Der Terror ist die giftige Frucht unserer Zivilisation, die sich selbstzerstörerisch in eine Sackgasse manövriert hat. Die Frucht fällt, wenn sie reif ist, unvermeidlich auf uns zurück. Der Terrorismus ist eine Art Autoimmunerkrankung dieser Zivilisation.
UMKEHREN, nach INNEN wenden
Wenn eine Epidemie ausbricht, müssen neben der Akutbehandlung der Krankheitsopfer vor allem das auslösende Moment der Erkrankung gefunden und der Ansteckungsherd lokalisiert und „trockengelegt“ werden. Bei Autoimmunerkrankungen liegt der Ansteckungskeim im befallenen Organismus selbst. Wenn der Terror also eine eigene Autoimmunkrankheit ist, können wir dem Terror nur dadurch entkommen, dass wir UMKEHREN, uns nach INNEN wenden und mit Suchen beginnen. Und zwar – wie Maria Szepes im Roman empfiehlt – mit vollem Bewusstsein. (Kô-Sen)
- München 1993 ↩
Zuletzt aktualisiert: 29.04.2024 von Heinz Knotek