Man tritt schneller in einen Rechtsextremismus-Fettnapf als in einen Haufen Hundekot. Wenigstens war die Farbe BLAU bislang unverdächtig. Beim Joggen der ideale Schrittakt: I’m blue da ba dee da ba di. Nun hat ein Teenager alles kaputt gemacht. Mit ihrem leider illusorischen Urvertrauen in ihre Schule, ihre Lehrer, ihren Schulleiter, die Eltern ihrer Mitschüler, die Polizei und den Innenminister ist BLUE zum Soundtrack des Rechtsextremismus geworden. Oder?
Schlagwort: Schule
Die formatisierten Kinder von Neubeuern
Digitales Atmen. (*)
Sie sitzen in einheitlicher Schuluniform vor einheitlichen Tablet-PCs[1. s. Süddeutsche Zeitung: „Google statt Gehirn“, 29. September 2012]. Vor den Fenstern der Privatschule die lebendige Kulisse des Kulturdorfs Neubeuern, inmitten der Natur des Alpenvorlandes. Drinnen keine Bücher, die man vergessen kann. Kein Collegeblock der leer ist. Also kein Blatt das man bei seinem Sitznachbarn erfragen müsste. Keine Stifte die man spitzen muss. Alles formatisiert und auf Knopfdruck und per „wisch-und-weg“ abrufbar. Schüler solcher Schulen sind jetzt Dialogpartner von – Maschinen. Wobei die Maschinen das WIE und WAS vorgeben, das wiederum ein Über-Administrator in den Einstellungen des Schulnetzwerkes festgelegt hat. Keine Möglichkeit mehr, eine bedrückte Stimmung durch Unordnung auf der Schulbank zu signalisieren. Kein Grund mehr da, seine Fähigkeit zur Selbstorganisation zu trainieren, in dem man am Vorabend des Schultages seinen Ranzen packt. Stattdessen die Illusion eines omnipräsenten WLAN, das in Wirklichkeit Ausdruck einer omnipotenten Kontrollmacht ist. Denn natürlich kann es nur kontrollierten und reglementierten Zugang ins Internet geben. Der Eintritt in diese „schöne neue Welt“ kostet um die 33.000 Euro im Jahr. Ist das die Schule der Zukunft? Sollen wir freudig darauf warten, dass das digitale Atmen bald auch in den Schulen fürs Volk ankommt. Oder besser beten, dass Gott das den Reichen und Schönen überlässt, wenn er will auch als Denkzettel?
Bildungsinitiative oder angekündigter „Kindsmissbrauch“?
Leben in und mit der „Cloud“. (*)
Wir werden Schule verändern! So etwa lautet die in verschiedenen Variationen verkündete Werbebotschaft des US-amerikanischen Computerherstellers und Anbieters von „Cloud-Diensten“ Apple Inc. Hört sich zunächst nach Bildungsinitiative an. Aber halt, seit wann ist denn Apple ein „Bildungsträger“ oder bekannt für seine pädagogischen Kompetenzen? Gar nicht. Es geht auch nicht um neue pädagogische Konzepte oder methodisch-didaktische Werkzeuge für Schulen. Alles ist ein – zugegebenermaßen – genialer Marketing-Gag. Apple geht es natürlich nicht um unsere Kinder, sondern um den Verkauf seiner Computersysteme und Apple möchte über seine iCloud-Services gern frühzeitig an auswertbare Personaldaten herankommen. Kinder und Schulen also nicht Zweck sondern Mittel. Sind dann das Erwecken gegenteiliger Eindrücke und die wahren Absichten eine Art „Kindsmissbrauch“? Und warum machen die in IT-Fragen bislang so zurückhaltenden Lehrer plötzlich mit?
Immer intelligentere Technik lullt das Denken ein und macht phlegmatisch
Ikone des Einsiedlers Onophrios[1. Die Religionen aller Hochkulturen kennen die mystische Tradition des enthaltsamen Einsiedlers, hier aus der Zeit des Byzantinischen Reiches.],
4. Jh. Abb. gemeinfrei
Ein amerikanischer Zen-Buddhist bereiste in den späten 1980er Jahren China und gelangte eines Tages an einen schwer zugänglichen Berg auf dem sich ein taoistisches Kloster voll mit empörten Mönchen befand. Die Taoisten waren erbost darüber, dass die Regierung in Peking ihren Berg an das Stromnetz anschließen wollte, angeblich – so die Mönche – um die Lebensbedingungen zu verbessern. Doch für die Taoisten war das harte Leben ohne zivilisatorische Bequemlichkeiten keine Last und auch nicht Ausdruck von Rückständlichkeit.
Technik und Bequemlichkeit tendieren dazu, das Denken einzulullen, die Sinne abzustumpfen und die Kreativität zu dämpfen; kurz die Persönlichkeit zu „phlegmatisieren“. Je intelligenter die Technik, um so stärker. Von den erwähnten Mönchen entzogen sich viele dem oktroyierten Fortschritt durch Rückzug in noch unzugänglicher Tiefen des Gebirges. Und was können wir tun?
Film- und Download-Tipp: Gläubig auf Probe
Sven Kuntze „Auf der Suche nach dem lieben Gott[1. Freier Download für einen begrenzten Zeitraum möglich, s. LINKSUNTEN]“
Sehr ernst und immer wieder sehr sentimental geht es zu, wenn Vertreter dieser oder jener Religion versuchen mit ihrem jeweiligen Kult dem Journalisten Sven Kuntze ihre spirituelle Praxis zu erklären und womöglich zu vermitteln. Dennoch – seine teilweise fast respektlos anmutende Heiterkeit lässt sich Kuntze zu keinem Zeitpunkt nehmen. Und – und das ist das Herausragende des Films – auch nicht das Immer-Weiter-Fragen.
Spirituelle Suche – Anklopfen an Türen. (*)
Eine Übersicht in Deutschland gelebter Religionen und Kulte will und kann eine 90-Minuten-Doku nicht geben. Man muss sich auf den suchenden Ruheständler Sven Kuntze (69) einlassen, der seinen kindlichen Glauben an Gott einst hatte stehen lassen – „wie einen alten Regenschirm im Zug“ und seiner individuellen Suche folgen, „jetzt wo es im Alter regnerisch wird und man den Schirm gern wieder hätte.“
Organspende: Erst Herz fragen, dann mit Erklärung beizeiten vorbeugen
Ganze 12.500 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Das sind 0,015 Prozent der Gesamtbevölkerung, also eine verschwindende Minderheit. 99,985 Prozent der Bevölkerung sollen jetzt wenn nicht gezwungenermaßen per Gesetz so wenigstens per schlechtes Gewissen zur pauschalen Organspende verpflichtet werden. Organspende sei ein Akt der Nächstenliebe, meint die Deutsche Bischofskonferenz (DBK). Oder andersherum: Spendenunwillige verstoßen gegen die Moralvorschriften der katholischen Kirche.
Menschen helfen Menschen – das Motto auf dem Krankenwagen des Roten Kreuzes. Helfen ist aber auch ein profitables Geschäft. Und nicht jeder empfindet alle möglichen Hilfen als hilfreich. (*)
Wer sich dagegen ausspricht Organe zu spenden oder zu empfangen, muss in seinem Umfeld zunehmend mit fast feindseligem Unverständnis rechnen. Erklärungsversuche sind von Beginn an zum Scheitern verurteilt, weil selbst die hypothetische Annahme der Argumente automatisch eine hypothetische Sicht auf Leben, Sterben, Tod und Nachtod nach sich zieht, die dem mechanistischen Weltbild vom menschlichen Sein komplett widerspricht. Besser den Unfrieden vermeiden, den solche Diskussionen auslösen. Dafür beizeiten mit einer Erklärung vorbeugen.
Das Geheimnis der Goldenen Blüte: „Flow-Technik“ im Original
„Das Geheimnis der Golden Blüte“ auf der Buchmesse Frankfurt: 12. bis 16. Oktober 2011, Aurinia Verlag (Halle 3.1, Stand L146)
Menschen arbeiten „im Flow“, wenn sie mühelos ihre Arbeiten erledigen und darüber auch noch die Zeit vergessen. Das verkünden Zeitgeistritter – man sagt dazu auch „Managementtrainer“. Gewürzt mit Binsenweisheiten, etwa dass Druck und Angst diesem „Flow“ abträglich sind, und schriller Selbstdarstellung (etwa „Flow Doc“), wird daraus ein hippes Consulting-Programm, das Manager für 2.000 Euro pro Tag buchen können. Auch im Google-Zeitalter schaffen es Einäugige, unter den Blinden den König zu geben.
Nur konzentriertes Tun macht zufrieden, glücklich und erfolgreich. Hier: Samba-Festival Bad Wildungen 2011 – pure Lust am konzentrierten Treiben. (*)
Denn das, was als „Flow-Technik“ vermarktet wird, ist lediglich eine Verstümmelung uralter Praktiken, die sich im Zentrum der Weisheitslehren aller Hochkulturen finden. Keine Erlösung ohne Lebenhaltung in konzentrierter Meditation. Im buddhistisch geprägten Taoismus ist Das Geheimnis der Goldenen Blüte „Flow-Technik“ im Original. Nicht um banale gewinnmaximierte Sachbearbeitung geht es dabei, sondern einen effektiven Weg, ein spirituelles Leben zu führen und Zugang zu höheren Bewusstseinsebenen zu finden[1. DAS GEHEIMNIS DER GOLDENEN BLÜTE, deutsche Übertragung aus dem Amerikanischen von Heinz Knotek, Aurinia Verlag 2011; Amerikanische Übertragung des chinesischen Originals: THHE SECRET OF THE GOLDEN FLOWER, The Classic Chinese Book of Life, by Thomas Cleary, New York 1991; Chinesisches Original: Tung-pin Lü (* 798) – T’ai i chin hua tsung chih (Englisch)].
Die Aufgabe eines Lehrers (The Function of a Teacher)
Mit Original-Artikel der Zeitschrift THE THESOPHICAL MOVEMENT (Mumbai/Indien)
Ohne aufnahmewillige Schüler
nützt der beste Lehrer nichts.
Vignette: Heinrich Khunrath[1. Engl.: What use are torches, light or eyeglasses, if people will not see? Aus: Amphitheatrum sapientiae],
1602, Privatbesitz
Lehrer, mit denen man im Lauf seines Lebens offiziell zu tun hat – sei es in der Schule, beim Studium oder im Beruf – werden einem vor die Nase gesetzt. Man hat dabei entweder Glück oder nicht. Glück hat man dann, wenn der Lehrer (1) ein breites Wissen mit Tiefgang besitzt und Wissen zudem (2) methodisch geschickt zu kommunizieren vermag.
Ist er zudem (3) auch noch ein Humanist im Denken und Handeln kann man als Schüler oder Seminarteilnehmer im wörtlichen Sinne etwas „für das Leben“ lernen. In spirituellen Angelegenheiten lässt sich die Aufgabe eines Lehrers genau so gliedern. Man ahnt jedoch, dass eine humanistisch geprägte Lebenshaltung im Sinne eines „nice to have“ nicht ausreicht. In ihrer August-Ausgabe 2010 hat das indische Magazin THE THEOSOPHICAL MOVEMENT in einem inspirierenden Artikel die Aufgaben eines spirituellen Lehrers untersucht.