Lao-tzu soll einst geträumt haben, er wäre ein Schmetterling. Nach dem Aufwachen fragte er sich besorgt, was Traum was Wirklichkeit sei. Hat er, Lao-tzu, geträumt, er sei ein Schmetterling oder träumt gerade der Schmetterling er wäre Lao-tzu?
Schmetterling der träumt? (*)
Inzwischen kommt die Neuropsychologie zu ähnlichen „unscharfen“ Schlüssen. Was taoistische und buddhistische Schriften bereits vor Jahrhunderten vermittelten ist inzwischen von wissenschaftlicher Evidenz: Die Welt ist das Produkt unseres Denkens (Mind).
Trotz intensivster Anstrengungen schaffen
wir es nie, die Welt nach unserem
Wohlbefinden auszurichten
Wenn um uns herum gewohnte Strukturen zusammenbrechen, dann reagiert das fühlende Denken (Mind) mit Depression, Hass, Ablehnung. Laufen die Dinge im Beruf und privat gerade einmal scheinbar ganz gut, dann reagiert dieses fühlende Denken (Mind) mit Freude, kurzzeitiger Befriedigung und versucht mehr oder weniger geschickt, diesen Zustand zu fixieren – was natürlich die Grundlage der nächsten frustrierenden Enttäuschung ist. Manche werden daher schon im höchsten Glück von Angst befallen – Angst vor dem unvermeidlichen Verlust des Glücks. Ein klassischer Kreislauf, den Buddhisten Samsara nennen – LEBENSRAD, und dem zu entsteigen Ziel buddhistischer Praxis ist.
Trotz intensivster Anstrengungen schaffen wir es nie, die Welt nachhaltig nach unserem Wohlbefinden auszurichten. Allein schon deshalb, weil das Wohlbefinden des Einen unvermeidlich zugleich das Unbehagen eines Anderen ist. Das ist sowohl im privaten Lebensbereich so als auch im globalen Rahmen der Menschheit. Beispielsweise werden daher des lieben Friedens Willen blutige Kriege geführt. Die verbreitete teleologische Auffassung, demzufolge die manifestierte Welt einen wesenseigenen Sinn besitze, der früher oder später verwirklicht wird und zu paradiesischen Zuständen führt – eine Altlast des kirchenchristlichen Dogmas von der stellvertretenden Erlösung der Menschheit – macht alles noch schlimmer und die Enttäuschung größer, wenn das, was naturgesetzlich nie eintreten kann, tatsächlich nicht eintritt.
In Wirklichkeit gibt es weder
ein „Ende“ noch ein „Ziel“
Da das Dilemma nicht im AUSSEN zu lösen ist, bleibt nur der interne Versuch: Nicht die Welt gilt es zu ändern, zu erlösen oder zu verbessern, sondern das eigene fühlende Denken (Mind) an die Umstände anzupassen. Wären die Bäume am Rande eines Lava speienden Vulkans denkende Wesen, würden sie jämmerlich ihr Schicksal beklagen, das Ende der Welt für gekommen halten und angstzerfressen ihrem Ende entgegen sehen. So aber, ist der verbrennende Strom nur Teil einer von zahllosen ewigen Umwandlungen. In Wirklichkeit gibt es weder ein „Ende“ noch ein „Ziel.“ Würden die Bäume – wenn sie denken könnten – am Vulkankrater so denken, sie würden tapfer ihr Ende annehmen, voller Hoffnung auf baldige Rückkehr – dann vielleicht als Vogel.
(*) Text/Bild: Kô-Sen
Zuletzt aktualisiert: 08.11.2009 von Heinz Knotek