RELIGION ist zum Kistendenken verkommen. Der Eine wurde als Kind in DIE Kiste gesteckt, der Andere in JENE. Erwachsene Köpfe mit feindseligen Gesichtern gucken dann aus den Kisten heraus und beginnen einen verbissenen Krieg der Kisten.
Kistendenken mit Kisten überwinden. © ZDF-Theaterkanal
Wenn Religion aufhört, Recht haben zu wollen, hört das Denken in Kisten auf – Spiritualität kann erwachen. Der offene tolerante und doch hoch konzentrierte spirituelle Geist des Buddhismus hat den flämisch-marokkanischen Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui zu einem Tanzstück inspiriert: SUTRA. Der ZDF-Theaterkanal hat das Werk diese Woche gesendet. Zwischen den Jahren folgen Wiederholungen.
Tanzstück, das zum spirituellen Kern
dieser Kampfkunst vordringt
In der Programminformation heißt es:
Die neue Arbeit des flämisch-marokkanischen Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui ist von der Kraft, Schönheit und Präzision der Shaolin-Kampfkunst inspiriert. Zusammen mit 17 buddhistischen Mönchen des Shaolin-Tempels in der chinesischen Provinz Henan – dem Ursprungsort des Shaolin Kung-Fu – entwickelt Cherkaoui ein Tanzstück, das zum spirituellen Kern dieser Kampfkunst vordringt. Durch die Einbeziehung großer Holzkisten, die ständig umgebaut werden, wird eine beeindruckende Bühnenlandschaft inszeniert. Für diese visuelle Umsetzung und Gestaltung des Bühnenbilds konnte Antony Gormley gewonnen werden. Der junge polnische Komponist Szymon Brzóska überträgt die sowohl anmutigen als auch akrobatischen Bewegungen der Mönche in eine Partitur für Klavier, Streicher und Schlagzeug. Das Ergebnis ist eine höchst anspruchsvolle, außergewöhnliche und faszinierende Produktion (Quelle: tvtv Deutschland).
Die Namen im Abspann zum Film lassen eine multikulturelle Gemeinschaft vermuten. Der Choreograph mag Moslem sein, der Komponist Katholik. Die Shaolin-Mönche folgen dem Zen-Buddhismus. Vermutlich war auch mindestens ein Hindu und Jude im Team. Viele Kisten also. Dabei propagiert im Stück niemand gegen Kisten. Kisten können nützlich sein. Etwa zum Anlehnen, Ausruhen oder Verstecken. Kisten sind Kisten. Das Anhaften an ihnen macht sie erst zum Problem. So ist die Lehre des Zen und so wird getanzt.
Aber auch über das Religiöse hinaus entfaltet das Tanzstück eine große verbindende Wirkung: Klassisches Ballett verbindet sich etwa mit den Kata der Kampfkunst. Der „weich“ wirkende europäische Tänzer mutiert zum harten Kämpfer inmitten buddhistischer Mönche. Westliche Kammermusik liefert den musikalischen Takt zum Rhythmus chinesischer Kämpfer.
Wiederholungen im ZDFtheaterkanal1
(Angaben ohne Gewähr)
- 26. Dezember 2009, 00.55 Uhr
- 28. Dezember 2009, 19.40 Uhr
- 31. Dezember 2009, 00.55 Uhr
Interview mit Sidi Larbi Cherkaoui: 28. Dezember 2009, 20.50 Uhr
(Kô-Sen)
- Privater Mitschnitt auf DVD liegt vor. ↩
Zuletzt aktualisiert: 22.12.2009 von Heinz Knotek