Leider ist nur wenigen Menschen bewusst, welches Potential in ihrer Gattung schlummert. Noch weniger machen sich ernsthaft Gedanken, wie sich diese schlummernden Möglichkeiten aktivieren lassen. Und nur vereinzelt bemüht sich jemand um eine dafür förderliche Lebenshaltung. Zu den schlummernden Potentialen gehört das Gedankenlesen (Mind reading).
Medial view of a halved human brain, parts colored and labeled.
Abb.: NEUROtiker
Forscher um den Verhaltensökonomen Ernst Fehr von der Universität Zürich haben jetzt „wichtige Elemente der neuronalen Grundlage von gebrochenen Versprechen entdeckt.“ Damit rückt für die technische Wissenschaft die Entwicklung von Hirnscan-Verfahren in den Bereich des Machbaren1. Gedankenlesen nach der Hammermethode, denn eigentlich bedarf der Mensch dafür keiner Technik.
Der Mensch braucht keine „Hardware“
zum mentalen Wahrnehmen
Natürlich verlauten die Forscher, solche Hirnscan-Apparate würden vor allem dazu dienen, Verbrechen vorzubeugen. Schon klar… Dass auf diese Weise die Massen manipuliert, Geheimdienste effektiver mental foltern oder Marketingabteilungen noch suggestiver werben können, sind „Kollateraleffekte“ – auf die man vorsorglich erst gar nicht hinweist. In den USA gibt es bereits Service-Angebote für Unternehmen, Kandidaten bei Neueinstellungen auf Glaubwürdigkeit hin zu checken. Dabei wäre die ganze Mühe unnötig. Der Mensch braucht keine „Hardware“ zum mentalen Wahrnehmen. Er könnte Gedanken seiner Mitmenschen so natürlich und direkt lesen, wie er mit den materiellen Sinnen sehen und hören kann. Theoretisch – denn Voraussetzung dafür ist eine etwas andere als die übliche Lebensführung.
Was ist zu tun? Um die subtile Wahrnehmung der astralen Sinne nutzen zu können, muss man selbst weitgehend subtil werden. Der auf Daseinskampf, Sinnengenuss und dialektische Weltsicht ausgerichtete Mensch wird vergeblich nach subtilen Wahrnehmungen Ausschau halten. Will er auf Entfernung mit seinesgleichen kommunizieren, muss er eine SMS verschicken, eine E-Mail schreiben oder anrufen. Ohne technische Hilfsmittel kann er nur so weit und so gut wahrnehmen, wie seine physischen Sinnesorgane es zulassen.
Doch wer das Grobe in seinem Wesen allmählich zu transformieren versucht, kann im wahrsten Sinne des Wortes sein Wunder erleben. Jeder kennt das – nach einer schweren Mahlzeit wird man müde und schläft ein, wenn sich dazu eine Gelegenheit bietet. Spricht man den Schläfer an, wird er nichts davon mitbekommen. Man muss ihn rütteln oder so laut werden, dass er aufwacht. Umgekehrt – wer schwere Kost meidet, seine Sinne im Zaum hält, versucht seine Gedanken in den Griff zu bekommen und eine von Selbstlosigkeit und Mitgefühl geprägte Lebenshaltung anstrebt, kann auf subtile Weise Gedanken hören, die noch nicht ausgesprochen wurden.
Wundervolle schlafende Möglichkeiten
der menschlichen Psyche
Wer sich auf diese natürliche Weise seine subtile Wahrnehmung erschließt, stellt für die Allgemeinheit keine Gefahr da. Der unumgängliche Läuterungsprozess zuvor stellt sicher, dass es zu keinerlei Missbrauch der Fähigkeiten kommt. Wird diese natürliche „Firewall“ jedoch durch technische Hilfsmittel überwunden, so dass auch der grobe Alltagsmensch in die Gedanken anderer eindringen kann, kommt es unvermeidlich zum Missbrauch. Die Neuropsychologie täte daher gut daran, weniger an Scanntechniken für Gedanken zu werkeln. Stattdessen sollten sie eine Aufklärungskampagne über die wundervollen schlafenden Möglichkeiten der menschlichen Psyche starten. Dazu müsste sie jedoch zuvor zumindest als These gelten lassen, dass der Mensch weniger ein physisches, sondern ein geistiges Wesen ist.
Dreh- und Angelpunkt für den Läuterungsprozess der zur Entfaltung der subtilen Sinne führt, ist mentale Disziplin. Der irische Mystiker und Theosoph, W. Q. Judge, einer der Gründer der Theosophischen Gesellschaft, 1875, hat in zahlreichen Artikeln von zeitloser Gültigkeit praktische Tipps zur Bändigung des Mind (Denkprinzip) gegeben, etwa in MENTAL DISCIPLINE (Path, December, 1894).
(Kô-Sen)
- Siehe dazu: Süddeutsche Zeitung: Die Signale des Bösen ↩
Zuletzt aktualisiert: 13.12.2009 von Heinz Knotek