Verbal auf Gott zu sch… ist im öffentlichen TV eher unüblich. Vor einiger Zeit aber geschah es dennoch, in einer Folge der dänischen Thriller-Serie PROTECTORS im ZDF. Die Serie dreht sich um eine Gruppe Personenschützer, einer Art Geheimdienst-Sondertruppe der Polizei Kopenhagen. Ihr gehören auch eine Muslimin und ein Jude an, beide gebürtige Dänen mit Migrationshintergrund.
Heute Minarette verbieten, morgen Kirchen schleifen? (*)
Als durch Zufall die Vorbereitungen zu einem islamistischen Selbstmordattentat bekannt werden und der Anschlag auf einen Bus in letzter Minute verhindert wird, kann Personenschützer Jonas Goldschmidt (André Babikian) nicht mehr an sich halten:
Ich scheiße auf Gott! Die Christen haben Menschen in seinem Namen verbrannt. Die Moslems morden Unschuldige in seinem Namen und die Juden, meine Leute, wedeln mit der Tora, wenn sie in Gottes Namen auf palästinensische Zivilisten schießen.
Selbst Krimis reflektieren schon religiösen Dogmatismus. Leider ging die Sequenz im Ablauf des Dramas weitgehend unter. Dabei ist der Sinn aktueller denn je. Nur wenige Tage später haben in der Schweiz ängstliche christliche Bürger für ein Bauverbot von Minaretten gestimmt und in Deutschland maßen sich kirchenchristliche Würdenträger die Autorität und das Recht an, über das Kaufgebaren des Volkes zu bestimmen.
Gut ohne „Schöpfungs-Ruhetag“ auskommen
Gott tut den Menschen offenbar nicht gut. Oder besser: das Konzept eines anthropomorphen Gottes. So können in Asien die Menschen gut ohne „Schöpfungs-Ruhetag“ auskommen. In den religiösen Schriften asiatischer Völker hat ein erholungsbedürftiger Demiurg keinen Platz. Naturgestaltende Kräfte werden zwar ebenfalls personifiziert. Doch die können sich keinen freien Tag gönnen – eben weil sie keine humanen Entitäten sind. Und kein Mensch mit klarem Verstand käme auf die Idee, daraus ein religiöses Dogma abzuleiten.
Wenn bayerische Bischöfe warnen, dass diejenigen, die heute Minarette verbieten, morgen Kirchen schleifen könnten, formulieren sie – bewusst oder unbewusst – eine bemerkenswerte Ebenbürtigkeit von Christentum und Islam. Wie wahr. Ist es doch prinzipiell egal, ob ein religiöser Würdenträger das Tragen eines Minirockes verbietet oder „nur“ das Einkaufen am Sonntag. Es ist prinzipiell auch egal, ob Ersterer sein Dogma mit öffentlichen Peitschenhieben und Letzterer sein Dogma Kraft des Bundesverfassungsgerichtes durchzusetzen versucht. Beide Ansinnen sind prinzipiell eine Attacke auf die Freiheit des Denkens und das Recht auf Selbstbestimmung des Menschen, also eine Form von Gewalt. Beide haben zudem NICHTS mit Religion oder Spiritualität zu tun.
Bedauerlich ist, dass die Kritik am offenen oder unterschwelligen religiösen Dogmatismus weitgehend rechtspopulistischen Kräften überlassen bleibt, die ja selbst ein militantes religiöses Dogma vertreten, den Irrglauben völkisch-nationaler Besonderheit. Bloß gut, dass es Buddha gibt. Der erinnert einen in seinen Lehrreden an die illusorische Leerheit materieller Formen. Nicht nur Minarette und Kirchen gehören dazu. Auch Bauverbote und Einkaufsdiktate.
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Protectors – Auf Leben und Tod
(*) Text/Bild: Kô-Sen
Zuletzt aktualisiert: 02.12.2009 von Heinz Knotek