Nicht zu unrecht fragt Wolfgang Huber, Berliner Bischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), auf dem Kirchentag in Köln Bekir Alboga, Dialogbeauftragter des türkisch-islamischen Moscheeverbandes Ditib, ob ihm jemand erklären könne, warum Frauen aus dem zentralen Gebetsraum von Moscheen ausgeschlossen seien.
Licht und Kirche. Welches Licht führt zu Gott? Bild: Ko-Sen
Allerdings: Ist die Frage wirklich aufrichtig? Oder: Wenn der Dalai Lama und der Papst sich treffen, als Religionsführer umarmen und dann öffentlich das Gemeinsame ihres Wirkens bekunden?
Geheuchelte Gleichheit
Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert haben die Weisen warnend auf die verhängnisvolle Rolle der Priesterkasten aller Religionssysteme hingewiesen. Hindu-Priester maßen sich an, nur Kraft ihrer Vermittlung könne der Gläubige zu Gott finden. Muslimische Prediger suggerieren ihren Zuhörern, Dschihad besteht im Bekämpfen und Herabwürdigen Ungläubiger, doch in Wirklichkeit ist damit der Kampf gegen die eigene niedere Natur gemeint, nicht der vermeintlich niedere „Ungläubige“ im Nachbarland. Christliche Prediger – über alle großen und kleinen Sekten hinweg – predigen zwar die zehn Gebote und verweisen zu Recht auf den altruistischen Gehalt der Bergpredigt. Doch unverändert seit Erfindung des Kirchendogmas verkünden sie weiterhin, allein den exklusiven Zugang zu Gott zu besitzen. Was automatisch alle anderen Wege zu Gott oder zu einem Göttlichen Prinzip herabwürdigt und diskriminiert.
Schierer Irreführung ist es, wenn der Papst dem Dalai Lama nicht klipp und klar sagt, was er meint, nämlich dass der Buddhismus für ihn eine atheistische Ketzerei ist. Oder wenn der evangelische Bischof Huber die Moslems wie Gleiche unter Gleichen kritisiert. Denn tatsächlich meint auch er, dass der Weg zu Gott nur über SEIN Christentum möglich ist. Es ist diese Unaufrichtigkeit, die wiederum zu Recht die Vertreter des Islam empört. Der Dalai Lama weiß auch davon. Doch da er auch weiß, dass Wut und Empörung schlechte karmische Samen sind, lächelt er nur.
Nicht RECHTHABEN wollen
Wenn sich Christen über das missionarische Wirken islamischer Würdenträger empören, dann müssen sie sich fragen lassen, wie sie es selber in all den Jahrhunderten gehalten haben. Und noch heute halten. Natürlich ist es richtig, für Christen in der Türkei die gleichen Rechte zu fordern, wie sie Moslems in Deutschland besitzen. Doch war das in Europa immer so? Und wollen die christlichen Helfer in Afghanistan wirklich nichts außer selbslos helfen? Geht es nicht auch um Mission? Was einem Angriff auf den vor Ort herrschenden Glauben oder zumindest seiner Herabwürdigung gleichkommt.
Wurden im Namen Jesus des Herrn nicht Jahrhunderte lang auf der ganzen Welt blutige Missionskriege geführt? Haben christliche Missionare nicht die – in ihren Augen – heidnischen Mythen missachtet und die Völker brutal zur Annahme des christlichen Glaubens gezwungen?
Deutsche Kirchengänger fühlen sich in ihrem Ästhetikempfinden gestört, wenn plötzlich inmitten von Großstädten Moscheen stehen sollen. Doch als unsere Vorfahren erst mit Kreuzrittern, später mit Kanonen gegen „Muselmanen“ und andere Heiden vorgingen, wurde nicht nur nicht auf deren „Ästhetikempfinden“ Rücksicht genommen. Wer sich dem Willen der Angreifer widersetze, sich weigerte, das Kreuz anzunehmen, war als „Ungläubiger“ geoutet und hatte einen zumeist qualvollen Tod vor sich.
Wir ernten heute nur, was unsere christlichen Vorfahren einst gesät haben. Nicht RECHTHABEN wollen und Ausüben von Gewalt sind daher gefordert sondern Dialog, Toleranz, Verständnis und Geduld.
Zuletzt aktualisiert: 14.11.2010 von Heinz Knotek