Als am 8. Mai 1891 die große russische Seele H.P. Blavatsky ihren erschöpften Leib verließ hatte der westliche Kulturkreis Dank ihres Wirkens eine zwanzig Jahre währende „kosmischen Impfung“ hinter sich. Auch nach 125 Jahren ist das philosophisch-aufklärerische Werk der Mystikerin, Okkultistin und des weiblichen Bodhisattva H.P. Blavatsky (H.B.P.) aktueller denn je.
Schlagwort: Theosophie
Immer intelligentere Technik lullt das Denken ein und macht phlegmatisch
Ikone des Einsiedlers Onophrios[1. Die Religionen aller Hochkulturen kennen die mystische Tradition des enthaltsamen Einsiedlers, hier aus der Zeit des Byzantinischen Reiches.],
4. Jh. Abb. gemeinfrei
Ein amerikanischer Zen-Buddhist bereiste in den späten 1980er Jahren China und gelangte eines Tages an einen schwer zugänglichen Berg auf dem sich ein taoistisches Kloster voll mit empörten Mönchen befand. Die Taoisten waren erbost darüber, dass die Regierung in Peking ihren Berg an das Stromnetz anschließen wollte, angeblich – so die Mönche – um die Lebensbedingungen zu verbessern. Doch für die Taoisten war das harte Leben ohne zivilisatorische Bequemlichkeiten keine Last und auch nicht Ausdruck von Rückständlichkeit.
Technik und Bequemlichkeit tendieren dazu, das Denken einzulullen, die Sinne abzustumpfen und die Kreativität zu dämpfen; kurz die Persönlichkeit zu „phlegmatisieren“. Je intelligenter die Technik, um so stärker. Von den erwähnten Mönchen entzogen sich viele dem oktroyierten Fortschritt durch Rückzug in noch unzugänglicher Tiefen des Gebirges. Und was können wir tun?
“Theosophical Society 2.0″ as renewing reform momentum
By Heinz Knotek (); article translated into English by Christina Graf
The TG – struck by opposites.
Illustration: SPLENDOR SOLIS[1. SPLENDOR SOLIS: an alchemical treatise attributed to the 16th-century alchemist Salomon Trismosin]
For more than 120 years the agony of the „Theosophical Society“ (TG) now last already. Fragmented into dozens of groups and subgroups the members of each individual club stick to their self-declared „successor-leaders“ with rock-hard defiance.
They once made war to the death in the name of „Mahatmas“ initially for the spiritual and scientific heritage of HP Blavatsky and WQ Judge, then sunk their snaffled shares in the spiritual swamp or smothered them with intellectual drought. The visibility of what is now known under the name „Theosophical Society“ is therefore right to virtually zero.
„Theosophische Gesellschaft 2.0“ als erneuernder Reformimpuls
Gut 120 Jahre hält die Agonie der „Theosophischen Gesellschaft“ nun schon an. Zersplittert in dutzende Gruppen und Grüppchen kleben die Mitglieder der einzelnen Vereine mit steinharter Trotzigkeit an ihre zweitklassigen „Führer“, die sich einst im Namen der „Mahatmas“ erst um das spirituell-wissenschaftliche Erbe von H. P. Blavatsky und W. Q. Judge bis aufs Blut bekriegt, dann ihre ergatterten Anteile unter den Nagel gerissen und anschließend im spiritistischen Sumpf versenkt oder mit intellektueller Trockenheit erstickt haben. Die Öffentlichkeitswirksamkeit dessen, was heute unter „Theosophischer Gesellschaft“ firmiert ist daher zu Recht nahezu gleich null.
Theosophische Gesellschaft heute: holpriger Pfad im Unterholz. (*)
Dabei sind die Reformansätze für Religion und Wissenschaft, wie sie die 1875 von H. P. Blavatsky, H. S. Olcott und W. Q. Judge in New York gegründete „Theosophical Society“ propagierte, aktueller und nötiger denn je. Weder Religion noch Wissenschaft haben überzeugende und greifbare Konzepte für die Zukunft der Menschheit. Der erneuernde Reformimpuls einer „Theosophischen Gesellschaft 2.0“ wäre also ein Licht im dunklen Tunnel der uns in diese Zukunft führt.
Wozu Religionen? (IS RELIGION NECESSARY?)
Wenn man bei klarem Verstand und mit wachem Bewusstsein die pseudowissenschaftliche Begründung der „Seligsprechung“ eines Papstes verfolgt, kann man genau so nur mit dem Kopf schütteln wie beim Lesen der hysterischen Hasstiraden muslimischer Prediger, die unwissenden sozial Benachteiligten den unaufhaltsamen Sieg des Islam – auf Kosten der Leben „Nichtgläubiger“ – verheißen.
Feuer-Mord im Namen Gottes: Jan Hus auf dem Scheiterhaufen, Spiezer Chronik (1485). Abb. gemeinfrei
Auch der selbstgerechte Fanatismus von Evangelikalen und radikalen Hindus wirken wie Fiebersymptome einer kranken Gesellschaft. Dem nüchternen Denker mag sich da die Frage aufdrängen: wozu Religionen? Die Zeitschrift THE THEOSOPHICAL MOVEMENT geht in ihrer Ausgabe Oktober 2010 dieser Frage aus Sicht der Weisheitslehren nach. Sie fragt: IS RELIGION NECESSARY?
Schleichende „Fundamentalisierung“ öffentlicher religiöser Debatten
Friedrich I. Barbarossa als Kreuz-
fahrer – Miniatur aus einer Hand-
schrift von 1188. Abb. gemeinfrei
Mein Gott, dein Gott, unser Gott? Mein Gott! Wenn sich auf dem indischen Subkontinent fanatische Moslems und reaktionäre Hindus mal wieder gegenseitig ihre Gotteshäuser abfackeln und die anderen Anhänger massakrieren, dann hört sich das vom „aufgeklärt-demokratischen“ Westen aus wie eine Geschichte aus dem fernen und mutmaßlich dunklen Mittelalter an.
Doch der Eindruck täuscht. Deutschlands neuer Innenminister, Hans-Peter Friedrich, gibt gern den entschlossenen „Gorge-Double-U-Klon“, mit Deutschlandfahne am Revert und suggestiven Sätzen wie diesen: Unsere Kultur ist christlich-abendländisch. Derweil verbrennen fanatische evangelikale Dorfbewohner in den USA öffentlich den Koran[1. Siehe dazu: Reaktion auf Koranverbrennung: Blutige Proteste in Afghanistan]. Sich mit den Feinseligkeiten unter Anhänger von Verkünderreligionen auseinandersetzen ist eigentlich nicht bevorzugte Sache des Suchers auf dem Pfad. Doch auf die schleichende „Fundamentalisierung“ öffentlicher religiöser Debatten sollte jeder klar denkenden Menschen ein wachsames Auge werfen.
Theosophie: Weisheitslehre oder Mummenschanz?
Einen eigenen redaktionellen Schwerpunkt hat neulich eine große deutsche Tageszeitung dem Phänomen Anthroposophie gewidmet[1. Süddeutsche Zeitung, Samstag, 26. Februar 2011]. Dabei fanden auch die eigentlichen Wurzeln der anthroposophischen Bewegung eine angemessene Würdigung. Anthroposophie ist Rudolf Steiner. Die Wurzel von Steiners Thesen jedoch sind die uralten und zeitlosen Weisheitslehren, die im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts durch Helena Petrovna Blavatsky, William Quan Judge und Henry Steel Olcott einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden.
Motto der Theosophie des 19. Jh.: Es gibt keine höher stehende Religion als die Wahrheit.
Nach dem Weggang von Blavatsky (1891) und Judge (1896) versank die Theosophie jener Zeit „bald in einem argen Mummenschanz[1. Ebenda; Thomas Steinfeld: DAS BUNTE GENIE].“ Jenen Mummenschanz haben selbst ernannte Nachfolger von Blavatsky und Judge zu verantworten. Bis heute fehlt eine selbstkritische Aufarbeitung dieser Fehlentwicklung durch jene Gruppen, die sich unverändert auf jene „Nachfolger“ berufen.
Lust an der Menge oder ein paar Bemerkungen zum Alltag
Irgendwann ist auch der größte und rücksichtsloseste Egoist seiner Egomanie überdrüssig. Dann genießt er zum Ausgleich lustvoll das Eintauchen in die derbe Menge. Der sonst von Angestellten und Geschäftspartnern gefürchtete Unternehmer lässt es etwa im Verein bei viel Alkohol kumpelhaft krachen – wie der Sozialhilfeempfänger am Biertisch ihm gegenüber.
Teil der Masse sein. (*)
Der sich für intellektuell haltende Gymnasiallehrer hängt sich vier Deutschlandfahnen ans Auto und verpasst den Außenspiegeln seiner gehobenen Mittelklasse-Limousine einen Überzug in schwarzrotgold. Genauso so wie der tätowierte Plattenbaubewohner im neun Jahre alten Opel. Wenn gerade Fußball-WM ist, treffen sich alle beim Public Viewing. Die Lust an der Selbstaufgabe in der Menge ist allgegenwärtig – da erweisen sich „ein paar Bemerkungen zum Alltag“ eines Meisters der Weisheit einmal mehr als zeitlos aktuell.