Zum Buch KOLLISION MIT DER UNENDLICHKEIT von Suzanne Segal
Persönlichkeit nur eine Maske?
Grafik: aus SPLENDOR SOLIS
von Salomon Trismosin (15. Jh.),
Reprint Privatbesitz
Besonders Intellektuelle reagieren empört, wenn in einer Diskussion über spirituelle Themen die These zur Sprache kommt, dass das ICH rein fiktiv, nicht existent also leer sei. Je mehr sich diese Leute für gut, kultiviert und gebildet halten, je heftiger die Gegenreaktion1. Hält man ihnen dann entgegen, dass soeben just ihr aufgeblähtes Ego so empfindlich reagiert und dass die Kultivierung eben dieser Illusion die Ursache der Leiden dieser Welt ist, wird das Gespräch meist abgebrochen. Wer sein ICH für eine reale Entität hält, sich hartnäckig weigert, dessen relative Realität nüchtern zu analysieren, der hat noch einiges an Erfahrungen im Daseinskampf nötig. Einer der bewegendsten Erlebnisberichte über das schwierige, letztlich aber befreiende, Erwachen zur ICHLOSIGKEIT enthält das Buch Kollision mit der Unendlichkeit von Suzanne Segal.
Buchcover. © Rowohlt Taschenb.
Susanne trifft es an einer Bushaltestelle. Plötzlich ist das ICH weg. Oder besser: Das Empfinden eines separierten Ichs. Erst nach einer langen qualvollen Odyssee durch die Wartezimmer diverser Therapeuten wird Suzanne die Erkenntnis erlangen, dass ihr Zustand keine Geisteskrankheit, sondern Ausdruck spirituellen Erwachens ist.
Doch zunächst empfindet sie nur Angst. Etwas scheint mit ihr nicht zu stimmen. In einer Welt von im Existenzkampf wuselnder Egos wird sie von einem Moment auf den nächsten zur Aussätzigen.
Obwohl die Ich-Identität weg ist, funktionieren Verstand (Mind), Körper und Gefühle unverändert. Erst nach dem sie mit buddhistischen Lehren in Kontakt kommt, wird ihr klar, dass der Zustand der Ichlosigkeit kein Fluch, sondern ein Segen ist – aus seelischer Sicht.
Das Buch ist ein unschätzbarer Helfer für alle Sucher, die mal wieder in die Alltagsfalle ihres illusorischen Egos getappt sind; also vor allem in Kategorien von ICH und MEIN denken und handeln. Wer sich gelegentlich euphorisch toll oder depressiv niedrig fühlt, sollte vor allem den Epilog, Gespräche mit der unendlichen Weite, immer in Griffnähe haben. (Kô-Sen)
Suzanne Segal, Kollision mit der Unendlichkeit – Ein Leben jenseits des persönlichen Selbst, Hamburg, 2000 (Verfügbarkeit testen )
Suzanne Segal:
Collision WIth the Infinite – A Life Beyond the Personal Self, San Diego, 1996
(Verfügbarkeit testen )
- Hauptargument: Man sei doch nicht egoistisch. Doch das ist laut Weisheitslehren der größte Irrtum. Denn auch ein vermeintlich gutes oder nicht egoistisches ICH ist eben ein ICH, das eine Welt jenseits des ICHs impliziert, dazu die Trennung von der Einheit allen Seins erst erzeugt und diese dann mit aller Macht instand zu halten versucht. ↩
Zuletzt aktualisiert: 01.02.2009 von Heinz Knotek