Der Turm, eines von vielen
Symbolen für die Kundalini
(Bild: Trinosophie-Blog)
Die am Ende der Wirbelsäule eingerollte Kundalini ist – so heißt es in alten indischen Schriften – die individuelle Ausprägung der EINEN kosmischen Energie, die das ganze Universum zur Manifestation bringt und es am Laufen hält. Das Erwecken und Aufsteigen dieser Energie führt beim Menschen dazu, dass latent schlummernde karmische Samen, die ansonsten später oder unter anderen Bedingungen aufbrechen würden, JETZT und UNMITTELBAR hervor kommen. Wie eine Eruption. Wen diese Eruption und ihre möglichen Begleiterscheinungen unvorbereitet trifft, kann daran zugrunde gehen.
Im vorliegenden Fall passierten im Zuge der Manifestation scheinbar einige seltsame Phänomene, die man bis dahin für einen Segen halten mochte, wenn sie in Büchern beschrieben wurden. In der Realität waren sie nur erschreckend und leidvoll.
„Schau genau hin!“
Der symbolische Turm zu Babel?
Eine Fehlkonstruktion?
(Bild: Trinosophie-Blog)
WARTE! SIE KOMMEN. Nachdem die Kundalini offenbar bis zum Scheitel vorgedrungen war, kamen von ihr diese Worte, angesichts einer von mir ausgehenden zunehmenden Unruhe. „Wer kommt?“ so die skeptische Reaktion. Schweigen. Dann: „Schau genau hin!“ Es ist später Abend. Die durch das Fenster scheinenden Straßenlaternen tauchten den Raum in ein fahles Halbdunkel. M. stand etwa drei Meter entfernt. Unbeweglich. Den Blick ihrer graublauen Augen konnte man im Dämmerlicht nur ahnen. Doch das zarte Gesicht war klar zu erkennen. Plötzlich veränderte sich das Bild. Der Kopf gehörte – so schien es – einem Mann mit schwarzem Haar, gepflegtem Bart und glühenden dunklen Augen. Ja, die glühenden dunklen Augen waren klar zu erkennen. Das dunkle Gesicht war irgendwie verschwommen. Eine Halluzination? Ein Spuk? Realität?
Im Raum herrschte absolute Stille. Innerlich fragte ich mich, was das alles zu bedeuten habe. Da man mich mit Phänomenen weder beeindrucken kann, noch ich am Erleben selbiger interessiert bin, stieg Unmut in mir auf. WAS NUN! Drängt sich innerlich die Frage auf.
Im selben Moment wurde klar, dass vor mir das WIRKLICHE WESEN von M. stand. Ein männliches Wesen, vermutlich indischer Herkunft. Das Phänomen entsprach exakt Ereignissen, wie sie von H. P. Blavatsky und W. Q. Judge überliefert sind. Beide hatten bei bestimmten Gelegenheiten vor wenigen engen Vertrauten scheinbar plötzlich eine andere Gestalt angenommen. Ihre WIRKLICHE Gestalt. Darüber zu lesen war – trotz Zweifel und Skepsis – schön und faszinierend. Jetzt verstörte ein solches Phänomen, bereitete Angst.
„Was nun?“ fragte ich zögerlich nach endlosen Minuten. „Stelle Fragen!“ kam die Antwort, mit einer seltsam veränderten Stimme. Was aber sollte ich fragen? Alle Fragen schienen angesichts der Situation mit einem Schlag lächerlich und banal. So fragte ich nur nach dem, was sie selbst betraf. Den Grund der Inkarnation. Früheres Leben. Und warum sie – beziehungsweise ER – HIER sei…
Das Phänomen des siebenmonatigen Frühchens klärte sich scheinbar auf. Die Inkarnation sei eine Art Ausgleich für eine einst nicht bestandene Prüfung. Doch ER WOLLTE DAS NICHT. Sein Karma zwang ihn aber dazu. Heftiges Sträuben immer wieder. Daher war lange nicht klar, ob die Mutter nun schwanger war oder nicht. Dann, als sie es war, wieder Sträuben und Widerstand. Daher der Sturz der Hochschwangeren und die Frühgeburt. Die Ärzte gaben dem Kind keine Chance. Doch dann entwickelte das Frühchen im Brutkasten einen ungewöhnlichen Appetit. ER hatte sein Schicksal angenommen. Später immer das Gefühl ein Junge zu sein. Nicht im sexuellen Sinne. Sie war eine wohlgestaltete schöne Frau. Sondern vom Wesen her. Es gab NIE Puppen. Dafür Autos als Spielzeug. Und Schuldgefühle gegenüber der Mutter, die durch sein Widerstreben die Frühgeburt erleiden musste…
Schweigen. Das Bild, die Konturen, begannen irgendwann zu verschwimmen. Die Situation hatte mich völlig erschöpft. Im Raum entstand drückende Stille. Unbeweglich harrten wir aus. Ich schläfrig. Sie hellwach. Bis das Tageslicht den Raum zu fluten begann. Sie war wieder die junge Frau. Dennoch komplett verändert. Das Strahlen der Augen. Der gänzlich veränderte Habitus sagte mir, dass ich mir die nächtlichen Ereignisse nicht ausgedacht hatte. Es war auch keine Spuk oder Zauber. Es war AUS IHR HERAUS entstanden. Es war Teil ihrer spontanen Kundalini-Erweckung. Es war ihre Prüfung.
Die Veränderungen des Gefährten wirkten segensreich. Drei Tage lang. Dann stürzte sie ab. Erst mental, vier Jahre später auch körperlich. Also doch ein Fluch?
Nachdem M. vermisst wurde, klingelte nach ein paar Tagen eine Nachbarin an der Wohnungstür. Ihr Sohn würde aus der Landeshauptstadt anrufen. Er hätte M. am Tag ihres Verschwindens gesehen. Abends. Um 19.18 Uhr am Bahnhof. Wieso diese genaue Zeitangabe? „Ich war am Überlegen, ob noch Zeit wäre in der Bahnhofsbuchhandlung eine Zeitung zu kaufen,“ so der Nachbarssohn am Telefon. „Ich hatte prüfend zur Bahnhofsuhr aufgeschaut, als ihre Frau mit dem Fahrrad an mir vorbei fuhr. Ich sprach sie an. Sagte, ‚Guten Abend Frau X.’ Die Bahnhofsuhr zeigte dabei 9.18 Uhr an.“ In derselben Nacht muss es zum tödlichen Absturz im steilen Gebirge gekommen sein …
Einige Wochen später, nachdem alles vorbei war, kam eher beiläufig die seltsam konkrete Zeitangabe in den Sinn. Hatte die etwas zu bedeuten?
19.18 = 7.18; Quersumme: 16; Quersumme: 7
Ebenfalls beiläufiges Blättern in der Taro-Deutung von Maria Szepes. Beim Aufschlagen der Seite zur Karte XVI stockt der Atem: DER TURM ZU BABEL.
Der Turm zu Babel. Fehlkonstruktion. Scheitern als befreiender Sieg.
Maria beschreibt in ihrer Deutung einen Sturz vom Turm.
Die Hieroglyphe weist auf das Mysterium der Umkehrung hin … (Es) geschieht hier … aufgrund des Urteils des Karmas … dem Geist bleibt kein anderer Rettungsanker mehr als der Sprung aus dem irrealen Kultturm der Selbstsucht – kopfüber … (*)
Eine letzte Botschaft das? Oder Zufall? Irrsinn? Einbildung?
(*) aus: Mária Szepes, Die geheimen Lehren des Abendlandes, ACADEMIA OCCULTA, München 2001
Zuletzt aktualisiert: 19.06.2014 von Heinz Knotek
Monate nach den Ereignissen kam der Verfasser mit der Autobiografie LIVING WITH KUNDALINI von Gopi Krishna in Berührung. Krishna hatte im selben Alter wie M. eine Kundalini-Erweckung. Die Tortur, die er zu durchlaufen hatte, entsprach auf verblüffende Weise den von M. beschriebenen Qualen. Als alles unerträglich wurde, erwartete Krishna sein baldiges Ende. Sozusagen im letzten Moment besann er sich auf eine spezielle Yoga-Übung, die er als junger Mann von einem Guru übermittelt bekommen hatte. Die Anwendung dieser Übung rettet ihn.
Krishna rief später eine Art Organisation ins Leben, die weltweit Fälle von Kundalini-Erweckung anonym erfasst. Leider ohne Erfolg versuchte er weltweit die Aufmerksamkeit von Wissenschaft und seriösen Medien auf das Phänomen KUNDALINI zu lenken.
Das alles brachte M. nicht zurück. Es gibt lediglich eine gewisse Erleichterung zu wissen, dass der Fall kein Einzelfall war – und ist.