Das materielle Universum sei eine illusorische Projektion des Mind – das behaupten unter anderen Buddhisten, Taoisten und Theosophen und bezeichnen diese Illusion mit dem Sanskritwort MAYA. Wer an dieser These zweifelt, dem sei die Besichtigung eines Kernkraftwerkes empfohlen.
Trügerische Idylle – Kernkraftwerk Philippsburg bei Karlsruhe. Bild: Ko-Sen
Wie Kirchtürme den Himmel stürmende Kühltürme, ein mit einer domartigen Kuppel versiegelter Reaktorraum, überdimensionale Schaufelräder, die mit der Geschwindigkeit einer Waschmaschinentrommel beim Schleudern rotieren – das ist doch nicht ILLUSION, ist doch REAL! Ist es das?
Kein Kirchturm, keine Mosche,
dennoch sakral. Bild: Ko-Sen
Es gibt keinen Zweifel: Deutschlands Kernkraftwerke sind die sichersten der Welt. Und verhalten sich fast klinisch rein zur Umwelt. Die bedrohlich aus den Kühltürmen weithin sichtbaren Wolken sind lediglich harmloser Wasserdampf. Der elektrische Strom, den die riesigen Schaufelräder der Turbinen erzeugen macht unser materielles Leben, mit seinen zahllosen unverzichtbaren Geräten und Hilfsmitteln, doch erst lebenswert. Das Kernkraftwerk (KKW) ist real. Eine geniale Ingenieursleistung aus Beton, Stahl und – ja aus UNSICHTBARER Strahlung.
In der Steuerzentrale geht es beim Schichtwechsel locker zu wie beim Wechsel eines diensthabenden Teams von ICE-Zugbegleitern. In der fußballfeld-großen Generatorhalle ist nicht ein einziger Mensch zu sehen. Alles geht automatisch. Alles ist geregelt. Sicher und geschützt. Besucher des inneren Sicherheitsbereiches müssen DREI Schleusen passieren, in denen man sie kontrolliert, unter anderem, ob sie verstrahlt sind. Sind sie natürlich NIE. Was für ein Wunder, zu was der Mensch fähig ist…
Regal unbenutzter Schutzhelme für Besucher. Bild: Ko-Sen
Steht man aber auf dem versiegelten Betondeckel über den Brennstäben, blickt in das „leicht kontaminierte“ Wasser des Lagerbeckens für abgenutzte Brennstäbe, kraxelt man an tausenden Lianen von Versorgungsleitungen vorbei – die irgendwo herkommen und irgendwohin verschwinden, und doch millimetergenau da und nur da sein dürfen, dann kann einen das Gefühl absoluter Lebensfeindlichkeit befallen. Man steht nur wenige Meter vom alles verstrahlenden Tod, der nicht zu riechen, zu hören oder zu sehen wäre, käme er aus dem blauen Kühlwasser heraus gekrochen. Man WEISS ES nur. Es IST nur IM MIND. Dennoch wäre der Tod qualvoll REAL.
Schutz oder Abwehr? In jedem Fall LEBENSFEINDLICH. Bild: Ko-Sen
Aber das KKW ist ja sicher. Keine Sorge. Nein – das Kernkraftwerk ist nicht das Problem. Am Ende der Besichtigung, wenn man im Kühlturm in den lauwarmen Dampf steigt, nach oben in das scheinbar bodenlose zischende feuchte GRAU starrt, mag sich das Gefühl von der „astralen Gischt“ einstellen, vor der die Seher in ihren Schriften warnen. Für den Körper fast angenehm. Doch die Seele zieht sich vor diesem saugenden Grau fröstelnd zusammen. Und WEISS in dem Moment: Ein Leben, das SOETWAS zum Selbsterhalt BRAUCHT, ist prinzipiell LEBENSFEINDLICH – also fundamental falsch. Und in dem Sinne MAYA.
Zuletzt aktualisiert: 01.02.2008 von Heinz Knotek