Dalai Lama 2007 (Offizielles
Foto zum Hamburg-Besuch)
Etwas weniger als bei einem der vielen Konzerte alternder Popstars auf Revival-Tour kostet der Eintritt zu einer der mehrtägigen öffentlichen Auftritte des Dalai Lama. Wenn der Papst kommt, muss man nicht 50 Euro Eintritt bezahlen, mag jemand einwenden. Doch die buddhistische Religionsgemeinschaft, die Besuch und Auftritte des globalen Lamas aus Tibet organisierte, bekommt – anders als die katholische Kirche – nichts aus den monatlichen Kirchensteuereinnahmen überwiesen. Sie muss also, wenn „ihr Papst“ kommt, alles selber finanzieren. Da ist ein Eintrittsgeld gerechtfertigt. Außerdem ist gewiss, dass etwaige Mehreinnahmen ohne Einschränkung sozialen Projekten in Indien zugute kommen.
Der Dalai Lama wird im Westen mit der Funktion „geistiges und politisches Oberhaupt“ versehen. Das entspricht dem rationalen Denken westlicher Mentalität. Alles muss katalogisiert und mit Etikett versehen werden. Der Begriff suggeriert etwas Papstartiges. Und wirklich haben die Riten der tibetischen Variante der Lehren Buddhas und der Katholizismus zahlreiche Ähnlichkeiten. Doch der Dalai Lama sieht sich selbst nur als Mönch. Und wenn schon „Oberhaupt,“ dann nur für die so genannten Gelbmützen (Gelugpas). Eine – wenn auch führende – von mehreren Traditionslinien des tibetischen Buddhismus.
Ähnlich sind sich katholische Kirche und tibetischer Buddhismus auch mit ihrer antiquierten Wertung – oder besser Abwertung – der Frau. Sie darf nicht wie der Mann vollständig ordinieren. Bei den Katholiken kann daher eine Frau etwa nicht Bischof werden. Und bei den Buddhisten tibetischer Prägung nicht Geshe, also Meister, was grob vereinfacht dem christlichen Priester entspricht.
So erklärt sich eine bizarre Situation: Viele Frauen, die sich ganz der tibetischen Tradition des buddhistischen Weges widmen und dem gewöhnlichen Leben entsagen wollen, lassen sich zuvor in einer chinesischen Traditionslinie des Buddhismus zum weiblichen Mönch ordinieren. Das suggeriert, dass es in China eine zeitgemäßere buddhistische Praxis gibt, als in Tibet. Es ist also nicht alles schlecht, was von China nach Tibet kommt.
Lächelnd trieb der Dalai Lama in Hamburg fortgesetzten Schabernack mit der Aura seiner Heiligkeit. Auf die Frage, ob der nächste Dalai Lama eine Frau sein könnte, antwortete er spitzbübisch mit JA. Und fügte kichernd hinzu, dass sie aber eine Hübsche sein müsse. Mit dieser scheinbar nebensächlichen Begebenheit könnte ein Paradigmenwechsel der besonderen Art eingeleitet worden sein. Denn der Dalai Lama meinte es ernst.
Er wolle eine innerbuddhistische Debatte führen und sich für die Gleichberechtigung der Frauen einsetzen. Die konservativen „klerikalen“ Kreise, vor allem in südindischen Klöstern, wird das wenig erfreuen. Gelingt es aber, wird das Rückwirkungen im religiösen Status Quo haben, weltweit.
Schon jetzt wird der Buddhismus von seinen meisten westlichen Anhängern als Gegenpol zum Christentum verstanden. Buddha lehrte 500 Jahre vor Christus die Einheit aller Dinge und die Gelassenheit im Leben. Im Buddhismus gab es keine Glaubenskriege und das Töten im Namen Buddhas wäre ein Sakrileg.
Die Christen haben ihre Dogmen und eine blutrünstige Vergangenheit. Die Kriege der Gegenwart, mit Hunderttausenden Toten, werden meist im Namen des christlichen Gottes geführt. Und ob der Papst auch nur erwägen könnte, sich für die spirituelle Gleichberechtigung katholischer Nonnen einzusetzen, ist sehr fraglich.
Aber: „Buddha hat Männern und Frauen gleiche Rechte gewährt,“ so der Dalai Lama bei einer Pressekonferenz.
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Zuletzt aktualisiert: 19.08.2007 von Heinz Knotek