Ein Thriller als psychologische Skizze zu Ursache, Wirkung und Folgen einer strikt wörtlichen Auslegung religiöser Schriften? Was sehr bemüht klingt ist in der Folge Verlorene Seelen der im ZDF ausgestrahlten Serie „Hautnah – Die Methode Hill“ auf brillante Weise gelungen. Der Protagonist Dr. Tony Hill wird in einer Serie von Morden und Selbstmorden von der Polizei zu Hilfe gerufen.
Erhabene metaphorische Symbolbilder, hier aus SPLENDOR SOLIS, können bei strikt wörtlicher Auslegung fatale Folgen haben1. Abbildung: Privatbesitz
Tony ist bekennend nicht gläubig. „Man kann doch einem Unbekannten nicht blind vertrauen“, ist eine seiner Antworten auf die religiös verzückte Überzeugung eines Kollegen, der Sinn des Lebens liege im Glauben an Gott, insbesondere den Gott des Alten Testaments. Der Thriller skizziert spannungsgeladen, wie schnell aus ans Herz gehenden Predigten tödlicher Fanatismus werden kann, wenn man religiöse Schriften strikt wörtlich auslegt.
Ausgewählte Werkzeuge eines strafenden Gottes
Um den Fall Verlorene Seelen lösen zu können, muss sich Tony notgedrungen in das Fühlen und logische Denken der mutmaßlichen Täter, die sich allesamt auch als Opfer erweisen, hineinversetzen. Bald stößt er dabei auf das Konzept vom „Loch im Herzen“ – eine Metapher die Tony selbst nur zu bekannt ist. Das Loch symbolisiert die gähnende Leere die sich durch die Frage nach dem Sinn des Lebens im Menschen ausbreiten. Wer wie Tony täglich mit Mördern aller Art zu tun hat, kommt um die Frage nach dem Sinn des Lebens und mit Blick auf die Opfer um die Frage nach göttlicher Gerechtigkeit nicht umhin. Tony geht mit der letztlich rational nicht zu beantwortenden Frage pragmatisch um. Er bewahrt sich eine feinfühlige Offenheit und fällt damit nicht in die Extreme von Fatalismus oder Fanatismus.
Den Tätern und Opfern aus Verlorene Seelen gelingt das nicht. Unfähig, das eigene Leben sinnvoll zu gestalten, gehen sie bereitwillig dem Charisma eines religiösen Eiferers auf den Leim. Sie lasse sich die Anmaßung einreden, ausgewählte Werkzeuge eines strafenden Gottes zu sein. Dank Tonys psychologischem Feingespühr und seiner fast hellseherischen Wahrnehmung kann eine provozierte Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes gerade noch verhindert werden. Der Thriller wird damit zu einem zeitlosen Lehrbeispiel zu Funktionsweise und möglichen Folgen religiöser Indoktrination. HEINZ KNOTEK
Linksunten: ZDF-Mediathek: Verlorene Seelen
- Der „totgeschlagene Mensch“ im alchemischen Werk SPLENDOR SOLIS symbolisiert den Kampf des Suchers auf dem Pfad mit seiner astral-physischen Natur. Um sich bewusst zu seinem Seelenfunken erheben zu können, sind die astral-physischen Bindungen zu neutralisieren. Das ist ein radikaler Prozess der für den Sucher besondere physische und psychische Anforderungen zur Folge hat. Wehe, wer daraus wörtlich die Aufforderung zum Verstümmeln eines Körpers ableitet. Der ist kein Sucher, sondern ein Fall für die Psychiatrie. ↩
Zuletzt aktualisiert: 04.09.2011 von Heinz Knotek