Wie kultiviert man ihn auch betreiben mag, Sex bleibt ein
animalischer Vorgang (Foto: Pixelio.de)
Ein chinesischer Kaiser fragte einmal einen über 140 Jahre alten taoistischen Weisen, wie er es denn geschafft habe, so alt zu werden und gleichzeitig so vital zu bleiben. „Ich habe nie eine Frau berührt,“ so die knappe Antwort. Darauf enttäuscht der Monarch: „Warum aber dann so alt werden…?“ In den Weisheitslehren aller Kulturen gilt sexuelle Enthaltsamkeit als entscheidender Schlüssel zur Erlangung von … ja von was eigentlich?
Sexual-Chakra wissenschaftlich nachgewiesen
In den 1990er Jahren lokalisierten amerikanische Wissenschaftler im unteren Bereich der Wirbelsäule des Menschen ein Ganglion, ein Nervenzentrum, mit besonderem Bezug zum Geschlechtstrieb. Wurde das Zentrum bei Probanden künstlich stimuliert, bekamen diese signifikant Lust auf Sex. Wer ein wenig mit den Weisheitslehren Asiens vertraut war, konnte ob der „Erkenntnis“ nur lächeln. Im System der Chakren war dieses Zentrum seit tausenden von Jahren als selbstverständlicher Teil der astralen Anatomie des Menschen bekannt. Die Wissenschaftler hatten den materiellen Schatten des zweiten von sieben Haupt-Chakren entdeckt, das Sexual oder Savadhisthana Chakra (von unten gezählt).
Sich authentisch über die Bedeutung und Funktionsweise dieses Chakras zu informieren ist ein schwieriges Unterfangen. Aus gutem Grund wurde das Wissen darüber in zurückliegenden Zeitaltern streng vertraulich behandelt. Die alten Schriften gehen, wenn überhaupt, nur symbolisch darauf ein.
Die Aura des Geheimnisvollen, Gefährlichen und Verbotenen veranlasste die Gründer der dogmatischen Erlöserreligionen, eine morbide Körperfeindlichkeit zu propagieren. Streng genommen bauten sie damit einen gigantischen Sexualkult auf. Das gewaltsame Wegdrücken eigener körperlicher Bedürfnisse hat das Kirchenchristentum zu einer „never ending story“ von sexuell motivierten Verbrechen werden lassen, bis heute. Im Islam hingegen führte es zu einer „Spezialbehandlung“ von Frauen, die nicht nur nach europäischem Maßstab als Unterdrückung bezeichnet werden kann.
Eine brennende Kerze in der Wirbelsäule
Im Roman DER ROTE LÖWE lässt die Autorin, Maria Szepes, den Grafen von Saint Germain einem Besucher erklären, worauf SEINE – des Grafen von Saint Germain – scheinbare ewige Jugend basiert, und warum sein Gegenüber – kein geringerer als Casanova – bald dem körperlichen Verfall preisgegeben werden wird.
„Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass Sie die Liebe nicht interessiert?!“
„Mich interessiert alles. Sogar die Liebe.“
„… Haben Sie nie von einer Gelegenheit Gebrauch gemacht, die sich Ihnen bot?“
„Vielleicht habe ich mich anders bedient als Sie … doch für mich war es stets die vollkommene Erfüllung.“
Casanovas Lächeln wurde zu einem breiten, gemeinen Lachen.
„Und Ihre Partnerin, Graf, haben Sie die auch vollkommen befriedigt?“
„Ich schmeichle mir selbst bei diesem Gedanken. Sie waren bereit, mich auch fürderhin mit ihrer Freundschaft auszuzeichnen, sie waren obendrein noch dankbar, dass sie weder Überdruss noch Reue empfinden mussten.“
„Dann, mein Freund, müssen sie Ihr Bett unberührt verlassen haben!“
„Körperlich ja.“
„Also eine Seelenhochzeit?! Ich dachte, St. Germain, der tadellose Kavalier würde die Lächerlichkeit viel mehr fürchten, als dass er ein hungriges Weib mit Hostien abspeist.“
„Sehen Sie, mein Casanova, jetzt sind wir wieder bei einem jener Geheimnisse angelangt, über die wir vergebens reden würden. Sie begreifen nur so viel, dass die Flamme der Lust nur so lange lodert, bis in der langen Kerze des Rückgrats der Docht ausgebrannt ist. Nebenbei muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es hohe Zeit ist, mit Ihren Kräften zu haushalten! Meine Ekstase zehrt nicht an meiner Kraft. Je länger sie brennt, umso lebendiger wird sie, und diejenige, mit der ich sie teile, wird nie die Müdigkeit des Erlöschens empfinden.“
(Maria Szepes, DER ROTE LÖWE, Kapitel „Der erste Gesandte der Vergangenheit“, München 1992)
Ohne „Kerze im Rückgrat“ also weder Vitalität noch sexuelle Lust. Ist die Kerze abgebrannt wird der Mensch zum Tattergreis. Männer verweiblichen, Frauen vermännlichen dann. Gelingt es aber, den Docht am Brennen zu halten, OHNE die Kerze zu verzehren, bleiben Vitalität und (sexuelle) Spannkraft erhalten.
Umkehrung der Ejakulation
In seinem autobiografischen Werk, LIVING WITH KUNDALINI, beschreibt der Yogi Gopi Krishna, welche Rolle die männliche Samenessenz bei ihm nach der Kundalini-Erweckung gespielt hat. In einem gewissen Grad hellsichtig geworden, konnte er einen von den Keimdrüsen zum Scheitel-Chakra (Savadhisthana Chakra), stetig aufsteigenden hellen Strom beobachten. Das Umkehren der Ejakulation, der Aufwärtsfluss der Samenessenz zum Scheitel-Chakra, wird auch in einigen Schulen des Taoismus als Indikator für die Erleuchtung gesehen. Und so erklärt sich auch die Tradition des Hindu-Hausvorstandes, der um Mitte 40 seine familiären Verhältnisse ordnet und sich in eine Einsiedelei zurückzieht. Offiziell, um sich auf das nächste Leben vorzubereiten. Doch in Wirklichkeit um sicherzustellen, dass seine Samenessenz nicht ausströmen muss sondern aufströmen kann.
Lässt man die These einer subtilen Umkehr der Ejakulation gelten, kann man ahnen, was es bedeutet, wenn es zur subtilen Umkehr kommt, aber keine Essenz zum Aufsteigen da ist, etwa weil sie unverändert zum sexuellen Verkehr – im Sinne des Wortes – verschleudert wurde. Die alten Schriften warnen ausdrücklich vor dieser Situation. Das Scheitel-Chakra, dessen physische Entsprechung die Zirbeldrüse ist, würde verbrennen. Irrsinn oder Schlimmeres wäre die Folge…
Wofür das Ganze?
Wofür ist Sexualität nun da? Lediglich ein perfider Stolperstein auf dem Pfad? Das Wissen um die Kundalini, das im Menschen schlummernde Schlangenfeuer, ist der Schlüssel zur Klärung dieser ewigen Frage. Im Außen sichert die Kundalini als körperliche Sexualität die Reproduktion der eigenen Art. Im Innen öffnet sie einen Stromweg zu einer anderen Lebenswirklichkeit. Ob die Öffnung dieses Weges dazu führt, dass sich die Chakren aktivieren, der Mensch sich mit seinem unsterblichen Wesen vereint und fortan zwar IN aber nicht mehr VON dieser Welt ist, hängt davon ab, ob und wie weit die Überwindung der Bindungen zur Materie fortgeschritten ist.
Doch wie man eine Rose nicht mit Gewalt zum Blühen bringen kann, lässt sich LÖSUNG von der materiellen Welt nicht erzwingen. Die Weisen empfehlen, wer in seinem Denkvermögen (manas, mind) Gedanken der Lust auf ein gutes Essen, hier und da ein kühles Bier oder bei Bedarf schönen Sex strömen hat, sollte mit Maß diesen Bedürfnissen entsprechen. Erst wenn das Denkvermögen durch konsequente Lebenshaltung frei von lustvoller Anhaftung an Essen, Trinken und Sex ist, kann man den nächsten Schritt gehen. Reif für KUNDALINI ist, wer isst und trinkt, um den Körper zu nähren und befeuchtet zu halten und wer Sex hat, weil er spürt, einer Seele zur Inkarnation verhelfen zu müssen. Was aber nicht heißt, dass das alles nicht angenehm sein oder keinen Spaß machen darf. Doch solche Empfindungen sind jetzt nicht Zweck, nicht Mittel – lediglich angenehmer Nebeneffekt.
Enthaltsame Lebensweise
Vor dem Versuch des kleinen Egos, sich mit Hilfe auferlegter sexueller Enthaltsamkeit größer zu machen oder gar in den „Himmel“ zu erheben, wird ausdrücklich gewarnt. Die Folge ist Irrsinn und Perversion. Wie man vor allem in der christlichen Tradition sehen kann. Sich kasteiende Nonnen, die in schwülen Visionen vom „Teufel“ vernascht werden, exaltierte Mönche, denen ätherische nackte Weiber nachstellen, oder die in die Tausende gehenden Fälle von Priestern, die sich an ihren Ministranten vergangen haben und vergehen. Bis in die Gegenwart.
Keuschheit ist die Grundlage jeder Form höheren Lebens. Doch sie stellt sich auf natürliche Weise ein, wenn der Sucher soweit ist. Sie kann nicht erzwungen oder „geübt“ werden. Sie ist nicht URSACHE sondern FOLGE einer grundsätzlich enthaltsamen Lebenshaltung, die das Denken und ALLE physischen Sinne einbezieht. Keuschheit erzwingen zu wollen ist, als ob ein Dürstender Salzwasser trinken würde… Er hat danach nur noch mehr DURST. HEINZ KNOTEK
Zuletzt aktualisiert: 19.06.2014 von Heinz Knotek