Krishna, Buddha, Jesus, Allah1 – alle großen spirituellen Impulsgeber warnten davor, das Glück an materiellen, äußerlichen, also vergänglichen Dingen oder Verhältnissen festzumachen. Denn – alles derart begründete Glücksgefühl führt direkt ins Leiden, etwa wegen des unvermeidlichen Verlustes des einmal Gewonnen. Aber auch Überdruss kann Folge sein, wie man an der hohen Scheidungsrate im westlichen Kulturkreis sehen kann. Gibt es demnach keine andere Form des Glücks, außer dem kurzen Rausch am Vergänglichen?
Was macht uns glücklich? GANZ im Hier und Jetzt SEIN.
Bild: Heinz Knotek/TrinosophieBlog
Wenn doch: was macht uns wirklich glücklich? Gerade wer sich auf dem PFAD wähnt, die Dinge folglich gelegentlich OHNE Schleier wahrnimmt, ist negativen Gefühlen, wie Enttäuschung, Verbitterung, Zynismus – bis hin zur Depression – leicht ausgesetzt. Dabei ist es ganz einfach, wirklich glücklich zu sein: GANZ im Hier und Jetzt SEIN. Es gibt zwei Arten von Glück. Einmal das orgastische Aufflammen von Glücksgefühlen im persönlichen Ego. Dann das Strahlen selbstvergessenen Einsseins – nicht im, sondern durch das persönliche Ego.
Selbstvergessen, mit ganzer Hingabe,
voll konzentriert, frei von Gedanken und Gefühlen
Das orgastische Aufflammen von Glücksgefühlen ist es, vor dem die Weisen immer warnten. Denn nicht nur ist die Ursache illusorisch: letztlich eine durch äußere (=illusorische) Umstände angeregte Hormonausschüttung. Da solche Glücksgefühle vor allem eine Frage der Impulsgebung und daher so eine Art „Höhepunktsgefühle“ sind, dauern sie auch nur eine kurze Zeitspanne und – wenn das Gefühl abgeklungen ist – erzeugen zehrende Sehnen nach Wiederholung. Stellen sich den Wiederholungsversuchen Widerstände entgegen, wird eine ganze Palette negativer Empfindungen ausgelöst: Enttäuschung, Verbitterung, Neid, Hass… Selbst wenn sich keine besonderen Widerstände zeigen, hält das Glück nicht lange an. Früher oder später verflüchtigt sich das Glücksgefühl, Verdruss stellt sich ein. Ein vermögender Mensch etwa ist daher wegen seines Reichtums nicht rund um die Uhr glückstrunken. Er benötigt Impulse – etwa immer neue Gewinne oder mehr Einnahmen2.
Kleinkinder sind dem selbstvergessenen Einssein noch ganz nah. Bild: Heinz Knotek/TrinosophieBlog
Glück, das vom selbstvergessenen Einsseins herrührt, das nicht IM Ego entsteht, sondern durch es hindurch strahlt, ist von ganz anderer Art. Empfindungen des Einsseins basieren nicht auf Hormonimpulsen (umgekehrt – lösen sie natürlich hormonelle Reaktionen aus). Einssein ist das der ganzen Schöpfung zugrunde liegende göttliche Merkmal. Das Einssein mit dem ganzen göttlichen Universum kann mit einer Lichtstrahlung verglichen werden, die alles Manifeste berührt und durchdringt. Gelingt es uns, das Denkvermögen dauerhaft mit diesem EINEN zu verbinden, erlangen wir Unsterblichkeit, sagen zumindest die alten Weisen.
Doch leider merken wir von diesem göttlichen Licht in unserem alltäglichen Sein nicht viel. Das Ego der Persönlichkeit hat sich wie eine dicke Wolke davor geschoben. Erst wenn das Ego für das Licht durchlässig wird, die „Wolke“ also etwas aufreißt, können wir auch im Alltag in das Licht und damit das Glück des Einsseins eintauchen. Aber wie das bewerkstelligen? Das Zauberwort heißt: Selbstvergessenheit. Wann immer wir selbstvergessen, mit ganzer Hingabe, voll konzentriert, frei von Gedanken und Gefühlen etwas tun, kann der Wolkenhimmel unseres Egos etwas aufreißen und das Glück des Einsseins uns erreichen. Umgekehrt gilt auch: Einssein mit Gott oder dem göttlichen Prinzip geht NUR über Selbstvergessenheit. Wenn auch nur EIN Gedanke der Art, „ich will eins sein mit Gott“ in uns entsteht, ist Gott weg katapultiert.
Entscheidend ist nicht was, sondern wie man etwas tut: selbstvergessen, konzetriert, mit Hingabe. Bild: Heinz Knotek/TrinosophieBlog
Wie Selbstvergessenheit erreichen? Das lässt sich nirgendwo besser als im Alltag trainieren. Nicht ohne Grund gilt in klösterlichen Gemeinschaften konzentriertes, selbstvergessenes Erledigen „niederer Arbeiten“, wie Putzen, Kochen, Gemüse waschen, als spirituelles Training3. Der Legende nach hat sich einst ein Kampfkunstschüler im Shaolin-Kloster bei seinem Meister beschwert, dass er drei Jahre nach seinem Eintritt ins Kloster immer noch nur Reis waschen müsse, aber noch keine einzige Übungstechnik gelernt habe. Der Meister wies den Schüler scharf zurecht. Er könne erst dann mit Kampfkunst üben beginnen, wenn er sein Ego überwunden hätte. Was aber offenbar nicht der Fall wäre…
Umgekehrt gilt aber auch: Reis waschen und Toilette putzen macht nicht automatisch glücklich. Ob und wie weit das „Niedere“ das Entscheidende ist, hängt von der Sozialisierung des Egos ab. Wenn man sich zu fein dafür wähnt, auch mal den Besen in die Hand zu nehmen, dann sind Reinigungsarbeiten sicher heilsam. Sind die Gefühle innerer Abneigung erschöpft, kann es zum Durchbruch kommen. Vermutlich wird der Betreffende dann aber gar nichts Besonderes merken. Keine Euphorie, keine Erregung – NICHTS. Nur konzentriertes Tun.
Dualität des eignen Wesens erkennen und eine dem Göttlichen angemessene Lebenshaltung einnehmen.
Daraus folgt: Um das Strahlen selbstvergessenen Einsseins mit dem Göttlichen bewusst erleben zu können, muss der Mensch zuvor die Dualität seines Wesens erkannt und eine dem Göttlichen angemessene Lebenshaltung eingenommen haben. Auch sonst wird selbstvergessenes, konzentriertes Tun – Räume fegen, ein Instrument spielen, Fotografieren – das Ego etwas beiseite schieben. Man IST dann ganz beim Fegen, Musizieren, Gestalten; also eins mit dem Göttlichen – aber eben unbewusst. Selbstvergessenes Einssein mit Gott bewusst zu verwirklichen, soll angeblich der Sinn des Lebens und der Zweck spiritueller Praxis sein. HEINZ KNOTEK
- Nennung in chronologischer Reihenfolge ihres Erscheinens. ↩
- Damit soll aber weder lustvolles Glücksempfinden noch Wohlhabenheit verdammt werden. Wer damit zu tun, sollte seinem Karma danken und demütig beides annehmen. Wichtig nur: KEIN Anhaften entwickeln. ↩
- Auch hier gilt: nur so lange man dabei frei von Anhaften bleibt. Durch Kasteiung oder zwanghaftes Enthalten findet man weder zu Gott noch zum Einsein, sondern man wird gefunden – von den eigenen astralen Dämonen. ↩
Zuletzt aktualisiert: 10.07.2011 von Heinz Knotek