Tor zur Predigerkirche (*)
Im Vorwort des Bildbandes „Meister Eckhart und sein Kloster“ über die Predigerkirche in Erfurt heißt es1:
Auch im fernen Osten entdeckt man „Seelenverwandtschaft,“ obwohl Eckhart kaum mit buddhistischen Gedanken in Berührung gekommen sein kann….
Der Verfasser, ein evangelischer Pfarrer, darf sich hier von Amts wegen bestenfalls wundern. Lässt man hingegen die These gelten, dass es hoch entwickelte Seelen gibt, die Unsterblichkeit erlangt haben, sich also über den Zwang zur Inkarnation erhoben haben, und dass es aus dieser „Gruppe“ welche gibt, die freiwillig zu denen zurückkehren, die noch ans Rad gefesselt sind, um durch ihre Präsenz direkt oder indirekt den „Gefesselten“ bei ihrer Erlösung vom Zwang der Wiedergeburt beizustehen, dann war Meister Eckhart nicht nur in Kontakt mit buddhistischen Gedanken. Er war ein Gesandter Buddhas. Ein Bodhisattva.
Mit den Katharern war eine
spirituelle Fackel verloschen
Man stelle sich vor, Mitte des 13. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung wirft die Kongregation der Unsterblichen ihren sorgenvollen Blick auf die spirituelle Lage in Europa. Gerade (1244) hatten päpstliche Schergen und ihre weltlichen Vasallen die Katharer im Zuge des einzigen Kreuzzuges im christlichen Kulturkreis auf bestialische Art vernichtet. Die christlich verklausulierten buddhistischen Lehren der Katharer – Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma), Evolution der Seele (Reinkarnation) und Achtung aller Lebewesen (vegetarische Lebensweise) – hatten in Südfrankreich eine Oase der Friedfertigkeit entstehen lassen. In ganz Europa gab es zunehmend Sympathisanten. Eine spirituelle Fackel war verloschen. Zugleich beginnt der Wahn der Inquisition Europa in den Würgegriff zu nehmen.
Statue mit Jesuskind (*)
Wahre Geistigkeit, jede Form von Mystik, alles was den dogmatischen und oft auch perversen Mönchen suspekt erscheint, wird zur lebensbedrohlichen Gefahr. Die allgemein als „finster“ bezeichnete Phase des Mittelalters nimmt ihren Lauf. Die Kongregation der Unsterblichen beschließt daraufhin, dass einer der Ihren in dieses Dunkel hinabsteigen muss. Die Operation ECKHART wird ins Leben gerufen. Nach einigem Suchen findet sich um 1260 in einer Familie von niederem Adel nahe der thüringischen Stadt Gotha eine Gelegenheit zur Inkarnation. Meister Eckart2 ist geboren.
Mit etwa 15 Jahren vertrauen die Eltern den kleinen Eckart dem Konvent der Dominikaner in Erfurt an. Einschulung und Priesterweihe erfolgen im Predigerkloster, von dem die Klosterkirche bis heute erhalten ist. Damit ist er im Zentrum der Dunkelheit angekommen. Die Dominikaner waren die wichtigsten und grausamsten Vollstrecker der Inquisition. Doch dieser Schatten hat auch eine lichte Seite. Eckart kann eine akademische Laufbahn beginnen. Er studiert in Erfurt Theologie und nimmt in Paris das Studium der freien Künste auf. Er kommt in Europa herum, promoviert schließlich um 1302 zum Magister der Theologie. Er wird zum Professor berufen und bekommt das wichtige Amt der Bibelauslegung anvertraut. Seit der Magisterpromotion nennt er sich MEISTER. Eine Kirchenkarriere aus dem Bilderbuch. Sie führt ihn bis in das Amt eines Generalvikars. Beinahe sogar wird er sogar Provinzal der Provinz Teutonia.
Statue mit Jesuskind, Predigerkirche in Erfurt – Figur hat bemerkenswerte Ähnlichkeit mit aisatischen Darstellungen von Bodhisattvas (*)
Auch das Dunkle hat eine lichte Seite
Säule in der Predigerkirche,
ist die Ähnlichkeit mit einer
Wirbelsäule ein Hinweis auf
die Kundalini? (*)
Doch die Ordensoberen sind dermaßen von ihrem Bruder angetan, dass er über Paris und Straßburg um 1323 schließlich zum Leiter des Generalstudiums in Köln berufen wird. DAS ist der Lehrstuhl des berühmten Albertus Magnus. Wer hier residiert hat Macht und Einfluss. Optimal für Meister Eckhart, seine Predigten effektiv zu verbreiten. Bis ihn der Erzbischof Heinrich II. der Verbreitung häretischer Lehren beschuldigt.
Bis zu seinem Weggang, etwa um 1328, wird MEISTER ECKHART wiederholt der Prozess gemacht. Die theologische Spiegelfechterei seiner Ankläger wird von Neidern und Konkurrenten forciert. Glücklicherweise zieht sich der Prozess lange genug hin. Die Fackel MEISTER ECKHART lässt sich nicht mehr löschen. Dieser Versuch der Unsterblichen war ein voller Erfolg.
Die rein spekulative These, MEISTER ECKHART sei ein Bodhisattva gewesen, kann anhand seiner Schriften mannigfaltig bestätigt werden. Nachfolgend ein Beispiel
Wisse, wenn immer du irgendwie das Deine suchst, so findest du Gott nimmer, weil du nicht Gott ausschließlich suchst. Du suchst etwas mit Gott und tust gerade so, wie wenn du aus Gott eine Kerze machtest, auf dass man etwas damit suche; und wenn man die Dinge findet, die man sucht, so wirft man die Kerze hinweg. Ganz so tust du: Was immer du mit Gott suchst, das ist nichts, was es auch sei, sei’s Nutzen oder Lohn oder Innerlichkeit oder was es auch sei; du suchst ein Nichts, darum findest du auch Nichts. Dass du ein Nichts findest, ist nur dadurch verursacht, dass du ein Nichts suchst. Alle Kreaturen sind reines Nichts … Kehrte sich Gott nur einen Augenblick von allen Kreaturen ab, so würden sie zunichte.
(Quelle: Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate, München 1963)
Wäre im 13. Jahrhundert ein asiatischer Weiser aufgetaucht und hätte begonnen, von Leerheit, Atman oder Maya zu „predigen,“ er wäre schon nach wenigen Tagen Asche gewesen. So aber wirkt die Lehre als christliche Mystik bis heute erhebend fort. Und der Pfarrer darf sich wundern über die Seelenverwandtschaft asiatischer Buddhisten.
(*) Text/Bild: Heinz Knotek
Zuletzt aktualisiert: 23.12.2012 von Heinz Knotek