Im Alltag an ununterbrochene Betriebsamkeit gewöhnt, neigt auch der Sucher auf dem Pfad zu der Vorstellung, er müsse IRGENDETWAS tun, um auf seinem Weg Fortschritte zu machen. Welche Übung oder Technik ist empfehlenswert? Taiji – raten zum Beispiel Anhänger des Tao. Yoga – empfehlen dagegen diejenigen, die der Hindu-Tradition folgen.
Ein guter Taiji-Lehrer muss vor allem Meister des Taiji sein. Bild: Ko-Sen
Welche Übungstechnik man auch wählt – KEINE Übung hat aus sich selbst heraus transformierende Wirkung. Allein die Einstellung zum Üben entscheidet, ob daraus Ego-Pflege oder Ego-Transformation wird.
In Büchern liest es sich so schön: der Taiji praktizierende chinesische Mönch transformiert sich zum Unsterblichen; der Yoga übende Hindu-Asket verlässt bei vollem Bewusstsein seinen Körper… In der Praxis dann die Ernüchterung: Ein Taiji-Lehrer mag seine Übungen perfekt beherrschen; ein Yoga-Lehrer seine Anhänger mit paranormalen Fähigkeiten verblüffen. Doch bei genauem Hinsehen mögen sich Beide scheinbar als eitle despotische Sinnenmenschen entpuppen. Aufgeblasene Egos, denen nichts Ferner ist, als durch Techniken und Fähigkeiten ihre Persönlichkeit zu überwinden; auch wenn sie sich gern mit solchen Absichten schmücken. Doch deswegen müssen weder die Übungstechniken schlecht noch die Lehrer ungeeignet sein. Es liegt am Sucher allein, HINTER die Fassade des oft täuschenden äußeren Scheins zu spüren, das Beste für seinen Weg zu erkennen und dann mit Dankbarkeit und Demut anzunehmen.
Taiji und Yoga – rein horizontal
Das Üben von Taiji und Yoga ist – wie alle Handlungen des Menschen – rein horizontal ausgerichtet. Das ist aber kein Makel sondern Naturgesetz. Wie perfekt Bewegungsformen und Techniken auch entwickelt, wie subtil die Wahrnehmung auch sein mag – der Übende zieht damit Kreise auf der horizontalen Ebene seiner Persönlichkeit. Erst die ernsthafte mentale Ausrichtung des Übenden auf das SELBST (oder Gott oder Krishna oder Buddha-Natur) lässt sein Tun zur aufsteigenden Spirale werden, zur Transfiguration der Persönlichkeit, des illusorischen ICH.
Die Transfiguration selbst bedarf weder Taiji- noch Yoga-Übungen. Körperliche Übungen helfen jedoch, die verschiedenen Aspekte der fragmentierten – oft auch körperlich kranken – Persönlichkeit zu einem Ganzen zu integrieren. Denn erst wenn die zersplitterte Persönlichkeit zusammen gefügt, der Mensch im astralen und körperlichen Sinne HEIL geworden ist, kann er sich an die Überwindung seiner Selbst heranwagen.
Hier kommen die in den Weisheitslehren enthaltenen Ratschläge ins Spiel, dass es zur Transfiguration keinerlei Übungen bedarf. Dass extensives körperliches und mentales Training des Egos vielmehr zu Anhaftung führen und damit zum Hindernis auf dem Pfad werden kann. Doch das kommt erst danach.
(Ko-Sen)
Zuletzt aktualisiert: 13.07.2008 von Heinz Knotek