Anlässlich des 113. Todestages am 21. März
Der irisch-amerikanische Mystiker und Theosoph, William Quan Judge (1851-1896) war einer der großen Vermittler der Weisheits-
lehren. Zusammen mit H. P. Blavatsky (1831-1891) und Henry Steel Olcott (1832-1907) gehört er zu den Initiatoren der Theosophischen Bewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und war Mitbegründer der Theosophischen Gesellschaft (TG) im Jahre 1875.
Frontispiz THE OCEAN OF THEOSOPHY, Ausgabe 1915. Privatbesitz
Vor allem in Indien, Europa und den USA hatte die TG bis zu ihrer Zersplitterung nach dem Tode von Blavatsky, Anfang der 1890er Jahre, einen inspirierenden Einfluss auf Kultur, Religion und Naturwissenschaften. In dieser Zeit entstanden zeitlose Werke, wie ISIS UNVEILED (Isis entschleiert) und THE SECRET DOCTRINE (Die Geheimlehre). Eine Ausgabe letzterer soll sich angeblich stets auf dem Schreibtisch von Albert Einstein befunden haben. Während Blavatsky versuchte, mit ihrem nicht unumstrittenen Wesen, „DIE SACHE“ (The CAUSE), öffentlichkeitswirksam zu promulgieren, war Judge eher im Hintergrund aktiv. Seine Werke sind daher heute fast unbekannt. Dabei ist etwa sein THE OCEAN OF THEOSOPHY ein Juwel der Weisheitsliteratur.
Allegorien der Weisheitslehren
Das Problem bei der Kommunikation der überlieferten Weisheitslehren ist, wie man subtile „esoterische“ Zusammenhänge in einer groben Alltagssprache zum Ausdruck bringt, die vor allem auf sinnliche materielle Wahrnehmung basiert. Wer etwa die okkulte Anatomie des Menschen, mit seinen subtilen Körpern (Astralkörper, Mentalkörper usw.) und den nur von Hellsichtigen wahrnehmbaren Chakren beschreiben will, muss sich notgedrungen der Allegorie bedienen. Die aber wird von denen, die nicht bereit oder fähig sind, sich der subtilen Mehrschichtigkeit allegorischer Darstellungen zu öffnen, nicht verstanden und als Hokuspokus herabgewürdigt.
Wahrheit verkünden. Bild: Kô-Sen
Man kennt das aus der Kunst. Wo ein Mensch von derber Wesensart wie blind etwa vor einem Gemälde steht, kann jemand mit feiner Wahrnehmung erhebende Einblicke erleben. So ergeht es aber auch der Alchemie. Wer ein seriöses Werk zur Alchemie liest, vielleicht auch noch zur spirituellen, wo es um das Transformieren des Unreinen ins Reine geht, muss für Allegorien empfänglich sein.
GEHEIMLEHRE – Standardwerk moderner Esoterik
Unverändert das Standardwerk der modernen Esoterik ist die GEHEIMLEHRE. Das durch die legendären Mahatmas an H.P.B. übermittelte Werk erklärt in komplexen Allegorien die Welt – von der Entstehung bis zur Gegenwart und darüber hinaus. So ein Buch kann man aber genauso wenig einfach lesen, wie das Drama FAUST. Um die subtile Botschaft erfahren zu können, wird eine meditative Annäherung empfohlen, verbunden mit einer generell altruistischen Lebenshaltung.
Während letzteres der moderne Mensch noch hinbekommt, ist ersteres fast unmöglich. Wer einen Achtstunden-Job zu bewältigen hat, wird weder Zeit noch Energie finden, längere Zeit über eine Ansammlung kryptischer Beschreibungen zu meditieren. Genau das Problem hatte Judge im Blick, als er THE OCEAN OF THEOSOPHY verfasste. In 17 Kapiteln auf ca. 150 kleinformatigen Seiten wird kurz und leserlich zusammengefasst, was sich über 1.474 Seiten in der GEHEIMLEHRE in epischer Breite entfaltet. Der OCEAN ist daher ein unverzichtbares Kompendium für den Sucher auf dem Pfad. Judge erweist sich gerade mit diesem Büchlein als stiller Vermittler der Weisheitslehren.
Die Kapitel in der Übersicht1
- Theosophie und die Meister
- Allgemeine Prinzipien
- Die Erdkette
- Die siebenfältige Konstitution des Menschen
- Körper und Astralkörper
- Kâma – Begierde
- Manas
- Reinkarnation I
- Reinkarnation II
- Argumente für die Reinkarnation
- Karma
- Kâma-Loka
- Devachan
- Zyklen
- Die Differenzierung der Arten – die ‘fehlenden Glieder’
- Psychische Gesetze, Kräfte und Phänomene
- Psychische Phänomene und Spiritismus
Eine hervorragende deutsche Übertragung von THE OCEAN OF THEOSOPHIE wird vom Theosophischen Verlag unter dem Titel, Das Meer der Theosophie, zum freien Download als PDF angeboten2.
Kompass im trüben Wasser des Okkulten
Einer der Gründe für die Entstehung des OCEAN war die sich anbahnende Verwässerung der Lehren der GEHEIMLEHRE durch selbst ernannte Messiasse, Möchtegern-Seher und dunkle okkulte „Forscher“ nach Blavatskys Tod. Die Situation hat sich bis heute noch verschärft. Heerscharen professioneller (und vermeintlich gemeinnütziger) Channels, wie die Spiritisten heute heißen, werben lichtvoll um die Gunst, die Energie und das Geld Suchender. Der OCEAN ist daher wie bei seiner Erstveröffentlichung, 1893, eine Art esoterischer Kompass in den trüben Wassern des Okkulten auf dem Weg hin zu Wahrheit und Erkenntnis. (Kô-Sen)
Download for free: W.Q. Judge – DAS MEER DER THEOSOPHIE
Zuletzt aktualisiert: 29.03.2009 von Heinz Knotek